1905 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Scharf, Th., ,
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1900
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Unterrichtsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Fast überall begrüßt uns daselbst Anmut und trauliches Leben.
Üppige Wiesen und stattliche Waldungen sind ein Hauptschmuck des
Thüringer Waldes. Vor allem ladet den Wanderer der erquickende
Schatten gewaltiger Buchen ein, deren dichtes Laubdach hier und da
von mächtigen Baumriesen überragt wird. Abwechselnd mit diesen
Laubwäldern bedecken wohlgepflegte Waldungen von Nadelhölzern Berg
und Tal. Saftige Waldwiesen und an den ausgerodeten Berglehnen
von den Talbewohnern angelegte Äcker vollenden die Schönheit der
Gebirgslandschaft.
Aus alledem wird uns verständlich, warum der Thüringer Wald
mehr und mehr zur sommerlichen Wallfahrtsgegend zahlloser Reisenden
geworden ist, die in der frischen Waldesluft sich erholen wollen. Auch
Kaltwasserkuren, überall eingebürgerte Fichtennadelbäder oder einzelne
Mineralquellen verheißen den Leidenden Linderung.
Neben dem stillen Naturleben des Thüringer Waldes hat besonders
auf und an dem mehr ausgebreiteten Südostteile seit langer Zeit
Gewerbefleiß aller Art seine Werkstätte vielfach aufgeschlagen. Der
mühsame Kornbau auf der kargen Ackerkrume der Berglehne konnte
die zahlreiche Bevölkerung nicht ernähren; das Bedürfnis schärfte den
erfinderischen Sinn, den Ankömmlinge aus der Ferne, aus Nürnberg,
Böhmen, Schwaben und Kärnten geweckt hatten, und dessen Ausbildung
durch nützliche Produkte, besonders durch reichen Schiefer-, Holz- und
Eisenvorrat des Gebirges unterstützt wurde. Wir finden in dem Be-
reiche des Thüringer Waldes berühmte Glashütten, wie Lauscha, Stützer-
bach und Ilmenau, Porzellan- und Meerschaumfabriken von bewährten
Namen in Ruhla, Ilmenau und an anderen Orten, ferner jene weit-
verbreitete Gewehrfabrikation in Suhl, Schmalkalden, Zelle uno Mehlis;
Messer- und Schlösserfabrikation in Steinbach, zahlreiche Marmor-
schleifereien, vor allem aber die allbekannte Fabrikation von Gebrauchs-
geräten und Spielwaren aus Holz, Glas, Schiefer, Porzellan, Leder-
und Papiermasse, die von Sonneberg und Umgegend nach den Haupt-
orten Europas und über den Ozean zu allen Völkern gehen. Bildet
doch Sonneberg mit seinen Spielwaren eine Hauptbezugsquelle für
Nürnberg, von wo sie als Nürnberger Spielwaren in alle Länder
der Erde versendet werden. Der Umsatz dieser Waren betrug 1899
etwa 43 Mill. Mark, wovon auf Sonneberg allein 25 Mill. entfielen.
Ihre Anfertigung umfaßt ein Gebiet von etwa 30 Ortschaften, die
fast ausschließlich Kinderspielwaren liefern und etwa 40000 Menschen
beschäftigen.
Auf der Weltausstellung in Paris I960 hat Sonneberg gezeigt,
was es leistet. In allen Sprachen wurde das Lob des farbenpräch-
tigen Bildes hervorgehoben, das die Ausstellung Sonneberger Spiel-
waren darstellte. Der höchste Preis, der zu vergeben war, wurde der
Sonneberger Ausstellung zugesprochen. Sonnebergs und damit Deutsch-
lands Industrie in Spielwaren war auch auf der diesjährigen Welt-
ausstellung in St. Louis würdig vertreten und ist mit Ehren von ihr
zurückgekehrt. Nach Kühen u. a.