1905 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Scharf, Th., ,
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1900
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Unterrichtsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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„So wahr mein Haus hier steht in Gottes Hand
und ist zum güldnen Ringe zubenannt,
so sollet ihr herein mitsammen wandern;
habt ihr doch Wert erst einer durch den andern.
Denn alle Gilden sind ein güldner Kranz,
drin jedes Blatt hat seinen Wert und Glanz.
Jedwedes Reis, wo es auch Platz genommen,
zum güldnen Ringe ist es gleich willkommen.
Drum kommt mir alle Mann zugleich herein,
soll keiner erster oder letzter sein." S-her-nberg.
37. Von der Industrie des Harzes.
Wer kennt nicht den sagenberühmten Blocksberg oder Brocken,
der sich 1140 m hoch erhebt! Wem sind nicht Ilse-, Selke-, Oker-
und Bodetal bekannt! Tausende von Reisenden erfreuen sich in jedem
Sommer an den herrlichen Naturschönheiten des Harzes, hauptsächlich
des Teiles, den man „Unterharz" nennt. Der Brocken gehört schon
zum „Oberharz," der seinen Ruf hauptsächlich dem zur Blüte gelangten
Bergbau verdankt. Damit haben wir einen hervorstechenden und
augenfälligen Charakterzug des Gebirges genannt, der namentlich der
Gegend von Goslar, Klaustal, Zellerfeld und Andreasberg eigen ist.
Daher dort eine große Zahl von Anstalten, die sich auf den Bergbau
beziehen, daher dort ein buntes bergmännisches Treiben, das unsere
Aufmerksamkeit und Teilnahme in Anspruch nimmt. Überall schwingt
dort der Bergmann den Fäustel, schmelzt der braune Hüttenmann die
dem Gebirgsschoße entnommenen Erze; überall sieht man dort Gruben
und Halden, Poch- und Walzwerke, lärmende Eisenhämmer, rauchende
Hoch- und Flammenöfen, zahlreiche große Triebräder der Schächte und
Karren mit Erz in unaufhörlicher Bewegung. Mannigfaltig ist die
Ausbeute der berg- und hüttenmännischen Arbeit. Bor allem nennens-
wert ist der Gewinn an Silber und Blei; aber auch Eisen, Kupfer,
ja sogar Gold, wenn dies auch nur in geringer Menge, zählen zu
den Erträgnissen. Und schon seit einer Reihe von Jahrhunderten
spendet das Gebirge seine Metallschätze. Die frühesten Anfänge des
Bergbaues im Rammelsberge bei Goslar reichen in die Zeit Kaiser
Ottos I. zurück. Ja, nur dem Erzreichtum verdanken einzelne Striche
des Oberharzes ihre Besiedlung. Ohne ihn wären sicher nicht so
frühzeitig von der Bevölkerung, oder gar von Fremden, die besonders
aus Franken kamen, manche an sich wenig anziehende Höhen zur An-
siedlung gewählt worden. Ohne ihn hätten wohl kaum Städte wie
Klaustal und Zellerfeld auf kahler, einförmiger Höhe von 560 m über
dem Meere, wo ringsum weder Obstbäume noch Saatfelder gesehen
und nur Kartoffeln und Küchengewächse dürftig erzielt werden, ihr
Dasein erhalten. Ohne ihn hätte Goslar, über 100 Jahre die vor-
nehmste Residenz einer Reihe der tüchtigsten deutschen Kaiser, kaum ein
so gedeihliches Emporkommen und einen so hohen Glanz in der deutschen