1905 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Scharf, Th., ,
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1900
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Unterrichtsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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absegelnden und ankommenden Schiffe erhält die ganze Landschaft
viel Leben.
Seit 1720 ist Stettin preußisch. Am Ende des 18. Jahrhunderts
war Stettin eine Stadt von 22000 Einwohnern, die infolge der
Verkehrsverbesserungen schnell wuchs, so daß sie jetzt ein Gemein-
wesen von 211000 Einwohnern darstellt. Die wohlhabenden Klaffen
sind unter diesen stark vertreten, aber auch eine dichte Arbeiterbe-
völkerung ist vorhanden. Unter den Ostseehäfen nimmt Stettin den
ersten Platz ein; es hat sich zu einem Welthandelsplatz ersten Ranges
emporgehoben und wird mit Recht das „Hamburg" der Ostsee genannt.
Einen ungeahnten Aufschwung nahm die Stadt seit der Gründung des
Deutschen Reiches. Die Festungswerke, die die Entwicklung der
Stadt hinderten, sind gefallen; Schmuckplätze und schöne Straßen sind
entstanden. Sehenswerte Bauwerke sind das Rathaus, das Schloß,
das Theater; wertvolle Denkmäler sind das Friedrichs des Großen,
Friedrich Wilhelms Iii. und Wilhelms des Großen.
An gewerblichen Schulen besitzt die Stadt vier königliche An-
stalten: eine höhere Maschinenbauschule, eine Baugewerkschule, eine
Seemaschinistenschule und eine Navigationsschule. Daß in Stettin
ein reges Jnnungsleben herrscht, kann man an den von diesen errich-
teten und unterhaltenen 18 Handwerker-Fortbildungs- und Fachschulen
erkennen. Auch das höhere und Gemeindeschulwesen sind reich und
günstig entwickelt. Stettin ist auch der Sitz eines Gewerbegerichts, bei
dem 1000 721 Prozesse verhandelt und 713 erledigt wurden.
In der Stadt und Umgegend herrscht eine lebhafte Industrie.
Besonders hervorzuheben sind die Zementfabrikation, Eisengießereien,
Maschinenbauanstalten, die Herstellung chemischer Produkte, feuerfester
Geldschränke, die Branntweinbrennereien, Dampfmahl-, Schneide- und
Ölmühlen. Ganz bedeutend ist der Handel Stettins, der sich be-
sonders in dem alten und neuen Hafen abspielt. Die Anlage dieser
Häfen hat der Stadt einen Kostenaufwand von 20 Millionen Mark
verursacht. Von außerordentlicher Bedeutung für den Seehandel ist
der am rechten, niedrigen Wiesenufer angelegte große Freihafen. Im
Stettiner Hafen kamen 1900 an 13238 Fahrzeuge, von denen
2944 Seedampfer und 1713 See-Segelschiffe waren, die zusammen
einen Raumgehalt von über 4 Millionen obm und einen Inhalt von
1854132 Tonnen hatten. Dazu kamen noch 4844 Fahrzeuge, die
den Hafen durchfuhren, ohne zu löschen oder zu laden. Es verkehrten
Schiffe von fast allen Staaten Europas im Hafen. Regelmäßige
Dampferverbindungen über den Seehafen Swinemünde bestehen mit
Rew-Aork, sowie mit den bedeutenden Plätzen der Ost- und Nordsee
von Frankreich, Spanien und dem Mittelmeere. In dem Freibezirk
und am Dunzigkai verkehrten 1900 2307 Fahrzeuge von 2411824 ebm
Raumgehalt und 949042 Tonnen Inhalt. Im Jahre 1903 betrug
der Gesamtverkehr 3 Millionen Tonnen. Es gingen hier ein und
wurden an Land gelöscht: Erze, Phosphat, Roheisen, Steinkohlen,
Pflastersteine, Kalk, Holz, feuerfeste Schieserarten, Heringe, Schwefel-
kies, Getreide, Kleie, Futterstoffe, Granit, Maschinenteile, Petroleum.