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1. Lesebuch für gewerbliche Unterrichtsanstalten - S. 335

1905 - Wittenberg : Herrosé
335 Diesen Massenwerken der Alten hat aber die Neuzeit tausenderlei Dinge gegenüber zu stellen, die uns im gewöhnlichen Leben unentbehrlich geworden sind, und obwohl sie gering geschätzt werden, doch Triumphe menschlicher Intelligenz darstellen. Wie würden z. B. die Alten unsere Glashütten, Taschenuhren, die Nähmaschinen, die Streichhölzchen, die Schreibfedern und vieles andere anstaunen! Um ein geringes kauft man heutzutage die letzteren und denkt nicht daran, daß dieses un- scheinbare Stahlblechstückchen, das den Gänsekiel verdrängt hat, bis zu seiner Fertigstellung so viele Hilfsmaschinen und zahlreiche Arbeitskräfte erfordert. In der Voraussetzung, daß es dir, lieber Leser, nicht un- willkommen sein wird, die Anfertigung der Stahlfeder kennen zu lernen, lade ich dich ein, mit mir die Räume einer Stahlfederfabrik zu durchwandern. Im ersten Raume, den wir betreten, finden wir die Stahlstreifen aufgespeichert, aus denen die Stahlfeder hergestellt wird. Diese 6 — 7 cm breiten Streifen von der Dünne eines Papierbogens bis zur Stärke eines Messerrückens werden in besonderen Walzwerken aus bestem schwedischen und englischen Gußstahl hergestellt und zeichnen sich durch große Härte und Zähigkeit aus. Aus diesem Magazin wenden wir unsere Schritte in einen geräumigen, hellen Arbeitssaal. In langen Reihen sitzend, stoßen Arbeiterinnen aus den erwähnten Stahlbändern mittels besonderer Handpressen längliche Stahlstückchen von der Form einer plattgedrückten Stahlfeder ab. Eine geübte Arbeiterin ist imstande, täglich 40 000 solcher Plättchen abzudrücken. In einem angrenzenden Fabrikraum werden mittels Stempelpresien die Plättchen mit dem Fabrikstempel versehen und mit Handpressen gelocht. Um nun den Plättchen durch Biegen die Form der Stahlfeder geben zu können, bedarf der Stahl einer großen Weichheit. Zu diesem Zwecke werden die platten Stahlfedern in einem Muffelofen der Glüh- hitze ausgesetzt. Nach dem Erkalten sind sie ungemein weich und bieg- sam. Nun werden sie in die rinnenartige Vertiefung des Prägestockes gelegt und erhalten durch einen auf sie gedrückten Stempel die Gestalt der Stahlfeder. Diese ist nun ihrer äußeren Form nach vollendet. Jetzt muß aber das Metall die Härte des Stahles wieder erhalten. Um das zu erreichen, werden die Stahlfedern in eisernen Kästen der Weißglut ausgesetzt und noch weißglühend in ein mit Öl gefülltes Gefäß ausgeschüttet. Jetzt sind sie ungemein hart, aber ohne jegliche Biegsamkeit. Diese ist aber unbedingt nötig. Um sie zu erhalten, werden die Stahlfedern von dem Öle durch Abkochen befreit und in mit Sägespänen gefüllten Trommeln über Feuer getempert, etwa in der Weise, wie man Kaffee brennt. In anderen Trommeln, die mit gepulvertem Steingut, Kalk, Sand pp. gefüllt sind, werden sie vom Glühspan befreit. Zum Schleifen der Stahlfederspitze bedient man sich runder Schmirgelsteine, die sich mittels Dampfkraft ungemein schnell um ihren Mittelpunkt drehen. Aus dem Schleissaale treten wir in das Spaltezimmer. Arbeiterinnen sind hier beschäftigt, das Schneide- werkzeug, womit der Spalt gemacht wird, mittels eines Hebels auf die Stahlfeder herabzudrücken. Schließlich werden die Stahlfedern,
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