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1. Lesebuch für gewerbliche Unterrichtsanstalten - S. 399

1905 - Wittenberg : Herrosé
399 Nationalität (Sprache, Sitten und Gebräuche) durch Überweisung von Länderstrecken, in die der Strom der Auswanderung sich er- giesst, zu ermöglichen und zu erleichtern. Leider hat Deutschland nicht zugegriffen, als die übrigen Länder Europas weite überseeische Gebiete der gemässigten Zone für die Ansiedlung in Besitz nahmen, weil damals alle Blicke aus die um sich greifende Verwüstung im Innern gerichtet waren. Der Ausbreitung des Deutschtums ist durch diese Unterlassungssünde alljährlich ein mächtiger, lebendiger Blutstrahl verloren gegangen, der von fremden Völkern aufgesogen und verarbeitet wurde. Der völlige Mangel an eigenen Aus- wandererkolonien macht es erklärlich, dass die neun Millionen englisch redender Menschen, die man in der Mitte des vorigen Jahrhunderts zählte, jetzt auf 120 Millionen angewachsen sind, denen nur etwa 70 Millionen Deutsche gegenüberstehen. Auch die Kolonien, die wir nach der Errichtung des Deutschen Reiches er- worben haben, sind leider nicht geeignet, den Überschuss der Be- völkerung des Mutterlandes aufzunehmen und den Hunderttausenden von Auswanderern eine deutsche Heimat in fremden Landen zu gewähren; denn ihr grösster Teil liegt in der heissen Zone und gestattet wegen seines feucht-tropischen, ungesunden Klimas den Deutschen keinen dauernden Aufenthalt. In Südwestafrika, das ein durchaus gesundes Klima hat, steht der Wassermangel, aus dem die Trockenheit des Klimas sich ergibt, der Gründung grösserer Ansiedlungen hindernd entgegen. Von einer vernünftigen Be- wirtschaftung des Bodens durch Besiedlung mit Angehörigen des eigenen Volkes ist demnach keine Rede. Dieser Ümstand wird auch die günstige Entwicklung der Kolonien etwas hemmend be- einflussen, da eine fleissige und tüchtige Bevölkerung das eigent- liche Kapital eines Landes ist, und der beste Boden ohne Menschen oder mit unfleifsigen und untauglichen Bewohnern keinen Wert hat. Aber es war nicht die Sorge für die Unterbringung des Über- flusses an Bewohnern allein, die der Europäer Augen auf die fremden Länder lenkte, sondern auch das Bedürfnis nach der Er- öffnung neuer Erwerbsquellen für den Haushalt der Nation führte zur Erwerbung von Kolonien. Vor allem ist es nötig, für die heimische Industrie durch die Besitzergreifung von fremden Länder- strecken neue Absatzgebiete zu schaffen, die durch die Vergröiserung des Verbrauchs der heimischen Erzeugnisse die Gewerbtätigkeit des Mutterlandes heben, Arbeitsgelegenheit und Gewinn erhöhen. Noch von einer anderen Seite wollen wir unsere Sache be- trachten. Unsere Industrie ist in der Herstellung von Verbrauchs- gegenständen so ausserordentlich vielseitig und reich, dass sie alle Ansprüche befriedigt. Aber der heimische Boden vermag viele Naturerzeugnisse, deren wir zum Leben brauchen, nicht hervor- zubringen. In diesen Fällen wenden wir uns an die heisse Zone, um für die Bedürfnisse Sorge zu tragen, die durch den Ackerbau der Heimat nicht befriedigt werden können. Dass dieser Teil der Verbrauchsartikel nicht gering ist, bemerkt jeder, der sich die-
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