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1. Lesebuch für gewerbliche Unterrichtsanstalten - S. 409

1905 - Wittenberg : Herrosé
Dem gewerblichen Leben der damaligen Zeit fehlten der Gel d- v er kehr und dauernde, sichere Mittelpunkte des Handels und Wandels. Erst durch die Entwicklung des städtischen Lebens konnte das Handwerk zur Blüte gelangen. Zwar blieb auch hier der Handwerker zunächst von den Herren abhängig. Letztere lieferten ihm den Rohstoff, die Werkzeuge u. a. und gaben ihm für die Bearbeitung des Stoffes Kost und wohl auch besondere Vergütung, Lohn. Aber nichtsdesto- weniger war das Abhängigkeitsverhältnis vielfach ein recht drückendes. Kamen die Herren mit ihrem Gefolge in die Stadt, so waren Bäcker, Fleischer und Brauer verpstichtet, alle zum Lebensunterhalt nötigen Nahrungsmittel umsonst und in genügender Menge zu beschaffen, so- wie zu ihrer Weiterbeförderung, gleich einer Frone, Pferde, Wagen und Schiffe unentgeltlich zu stellen; andere Handwerker wieder hatten für andere Bedürfnisse zu sorgen. So heißt es im 48. Kapitel der Stadtartikel zu Straßburg: „Wenn der bischof zu Hope vert, so git jeklich smit zwe rosysen (Hufeisen) mit den nagelen un jeklich satler zwene somsattle (Saumsättel)." Freilich war es dem Handwerker in der Stadt auch nicht schwer, für Fremde zu arbeiten; er verdiente sich deshalb hier leichter etwas als auf dem Lande. Je größer die Zahl der Handwerker wurde, desto weniger wurde ihre Kraft für den Herrn in Anspruch genommen, desto mehr gewannen sie Zeit, für eigene Rechnung zu arbeiten. Sie lernten auf eigenen Füßen gehen und wurden nach und nach von ihren Herrschaften unabhängiger. Alle, die später einwanderten, waren von vornherein unabhängig, indem sie keinem Frondienste unterworfen waren, sondern nur einen jährlichen Zins für die Bebauung oder Benutzung des dem Bischof oder Adligen gehörigen Bodens zahlten. So kam es, daß das Hand- werk nach und nach dem Handel dienstbar wurde und sich vom Ackerbau löste. Allein es bestanden immer noch die hofrechtlichen Lasten und Abgaben, nach denen z. B. die Handwerker kein eigenes Vermögen haben konnten. Nach ihrem Tode fiel daher von Rechts wegen der Nachlaß an den Herrn. Doch wurde es früh allgemein Sitte, den Übergang der Hinterlassenschaft auf die Erben zu gestatten und nur einen Teil der Gaben zu fordern. Das war das B u t e i l oder Hauptrecht, ein Teil des Nachlasses, womit die Hörigen die Erbschaft von dem Herrn loskauften. Diese Abgabe wurde in den Städten unbillig und drückend; sie lähmte Fleiß und Arbeitseifer und verhinderte, daß sich das Handwerk und mit ihm der Handel erweitern und aufschwingen konnten. Diese drückenden Fesseln wurden den Städten zuerst von den deutschen Kaisern genommen. Letztere waren den Städten sehr verbunden, denn in dem großen Kampfe des deut- schen Kaisertums mit dem Papsttum standen die Städte fast aus- nahmslos treu zum Kaiser. Die Stadt Worms war es z. B., die Heinrich Iv. in seinem Kampfe gegen Gregor Vii. und gegen die Fürsten treulich unterstützte; seine siegreichen Heere bestanden fast nur aus Kaufleuten und Handwerkern. Für diese Treue belohnte sie der Kaiser. Es wurden den Städten immer mehr Vorrechte gegeben, und
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