1905 -
Wittenberg
: Herrosé
- Hrsg.: Scharf, Th., ,
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1900
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Unterrichtsanstalt
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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So sind uns durch die emsige, kunstverständige Tätigkeit der Kloster-
brüder viele Werke von unschätzbarem Werte erhallen worden.
Auch die Wandmalerei und die Ölmalerei übten gar manche
Mönche, während andere Sättel und hölzerne Möbel kunstvoll bemalten.
Bald befriedigte aber die Malerei auf Pergament, Holz oder Mörtel
nicht mehr; man versuchte sich in Glas-, Email- und Mosaikmalerei
und auch hier in staunenswert künstlerischer Weise. Dabei wurde dem
Künstler in keiner Weise vorgearbeitet; er selbst mußte den Schmelz-
und Kühlofen bauen, selbst die Asche aus Buchenholz brennen und
mit Sand mischen, selbst die Glashäfen formen und brennen und
endlich selbst das Glas blasen.
Ebenso waren die Künstler in Metallarbeit gezwungen, ihre
Werkzeuge selbst zu machen und die Arbeitsplätze und Ofen einzurichten.
Ihre Tätigkeit war eine weit ausgedehnte: das Gießen, Treiben und
Formen verschiedener Kelche und anderer Metallgefäße, das Gießen
der großen Glocken, der Handglocken und Glockenspiele, die Herstellung
zierlicher Kunstwerke aus Kupfer, Zinn und Eisen, die mannigfaltigen
Schöpfungen der Goldschmiedekunst.
So herrschten in den Klosterwerkstätten allenthalben Schaffens-
freudigkeit und kunstverständige Pflege der Gewerbe. Sie bildeten
die Pflanzschulen für die Handwerker in den immer mehr sich ent-
wickelnden Städten. Doch konnten sie nicht unberührt bleiben von
den Veränderungen, die sich im bürgerlichen und wirtschaftlichen Leben
allmählich vollzogen. Als die Städte ebenfalls den Gewerben Schutz
gewährten, nahm das bürgerliche Gewerbe den Wettbewerb mit der
Klosterwerkstatt aus. Allmählich wurde die gewerbliche Tätigkeit fast
ganz aus den Klöstern verdrängt.
Nach Schürmann und Windmöllers Lesebuch.
166. Die deutschen Städte im Mittelalter.
Die Bewohner der Städte bestanden ursprünglich aus den treien
Bauern, die Heinrich 1. dahin berufen und mit mancherlei Vor-
rechten ausgestattet hatte. Ihre Nachkommen bildeten die soge-
nannten Geschlechter, die sich als Höherstehende von den Nach-
kommen der unfreien Leute und von denen, die später einge-
wandert waren, absonderten. Sie machten Anspruch auf die alleinige
Verwaltung der städtischen Angelegenheiten; aus ihrer Mitte wurden
die Schöppen oder Ratsherren und die Schultheifsen erwählt; sie
hatten fast den ganzen Grundbesitz in Händen. Als aber die Zahl
der minderberechtigten Bürger durch Zuzug vom platten Land
wuchs und unter diesen das Handwerk aufblühte, da errangen
auch sie allmählich durch Vereinigung eine bessere Stellung; sie
bildeten Zünfte und Innungen, und die Versammlungen der Zunft-
meister, unter dem Vorsitze des aus ihrer Mitte gewählten Bürger-
meisters, strebten immer kräftiger und erfolgreicher nach völliger
Gleichberechtigung mit den Geschlechtern. Namentlich, wenn die
Städte in Fehden mit Fürsten oder Rittern verwickelt waren, und