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1. Lesebuch für gewerbliche Unterrichtsanstalten - S. 454

1905 - Wittenberg : Herrosé
454 erfahren, daß der Ingrimm mit aller Furchtbarkeit losbrach. Die Rekruten in ihren blauen Kitteln zogen mit trotzigem, preußischem Soldatengesang an französischen Regimentern vorüber, denen es anfing in dem überall glühenden Lande unheimlich zu werden. Indessen näherte sich auch Kaiser Alexander mit seinem Heere der Stadt Breslau. Am 28. Februar ward zu Kalifch zwischen Preußen und Rußland ein Vertrag abgeschlossen, desien Ziel die Wiederherstellung der Unabhängigkeit Europas war. Die Macht, die Rußland zu Preußens Hilfe herbei- führte, war nicht bedeutend, denn es hatte in dem Feldzuge von 1812 gleichfalls furchtbar gelitten. Preußen bot Rußland mehr als Rußland Preußen, aber die deutsche Begeisterung rechnete damals nicht. Am 15. März holte Friedrich Wilhelm seinen hohen Gast in Breslau ein, unter dem Schall der Glocken, unter dem Jauchzen und Weinen eines von den heiligsten Gefühlen der Vaterlandsliebe bewegten Volkes. Zwei Tage darauf, am 17. März, erschien der Aufruf Friedrich Wilhelms Iii.: „An mein Volk!" „So wenig," heißt es darin, „für mein treues Volk als für Deutsche bedarf es einer Rechenschaft über die Ursachen des Krieges, der jetzt beginnt. Klar liegen sie dem unverblendeten Europa vor Augen. — Brandenburger, Preußen, Schlesier, Pommern, Litauer! Ihr wißt, was ihr seit sieben Jahren erduldet habt, ihr wißt, was euer trauriges Los ist, wenn wir den beginnenden Kampf nicht ehrenvoll enden. Erinnert euch an die Vorzeit, an den Großen Kurfürsten, an den großen Friedrich! — Selbst kleine Völker sind für gleiche Güter gegen mächtige Feinde in den Kampf gezogen; erinnert euch der heldenmütigen Schweizer und Niederländer! — Es ist der letzte, entscheidende Kampf, den wir be- stehen für unsere Existenz, unsere Unabhängigkeit, unsern Wohlstand. Keinen anderen Ausweg gibt es als einen ehrenvollen Frieden oder einen ruhmvollen Untergang. Auch diesem würdet ihr getrost entgegen- gehen, um der Ehre willen, weil ehrlos der Preuße und der Deutsche nicht zu leben vermag. Allein wir dürfen mit Zuversicht vertrauen, Gott und unser fester Wille werden unserer gerechten Sache den Sieg verleihen, mit ihm einen sicheren glorreichen Frieden und Wiederkehr einer glücklichen Zeit!" Am gleichen Tage verkündigte der König seinem Volke die Errichtung einer Landwehr und des Landsturmes für das gesamte Preußen. Als Ehrenzeichen für die Tapferen dieses heiligen Krieges ward vom König am 10. März, dem Geburtstage der verewigten Königin Luise, der Orden des eisernen Kreuzes gestiftet. Mit herzlichen Worten hatte sich der König an sein Volk gewendet und, indem er es zur Mitwirkung an seinem Werke aufforderte, es mündig gesprochen. In unvergleichlich herrlicher Weise antwortete das preußische Volk diesem Vertrauen. Das Königreich Preußen, damals an Einwohnern nicht mehr als fünf Millionen zählend, stellte bis zum Sommer 1813 ein Heer von 271000 Streitern, also von 18 Seelen einen Mann zu den Waffen. Gleiches hat nie ein Volk getan. Noch fehlte es an Bekleidung, Verpflegung, Bewaffnung. Aber es begann jetzt ein rührender Wetteifer an freiwilligen Gaben. Auch der Ärmste brachte sein Scherflein. Wo in dem ausgesogenen Lande Geld fehlte,
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