1890 -
Hildburghausen
: Gadow
- Autor: ,
- Hrsg.: Weidemann, D.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Schulformen (OPAC): Volksschule
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
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138. Wie Thüringen an das Hans
Wettin kam.
Auf Ludwig den Heiligen folgte sein noch unmün-
diger Sohn Hermann Ii. Er stand unter der Vormundschaft
seines Oheims Heinrich Raspe und führte nur kurze Zeit
die Regierung selbst. Nach seinem frühen Tode folgte ihm der
Oheim in der Landgrafenwürde. Derselbe war nun nicht blos®
als Landgraf von Thüringen und Hessen ein mächtiger Herr, I
sondern genoss auch im ganzen deutschen Reiche so grosses An"
sehen, besonders bei der Geistlichkeit, dass er im Jahre 1246, al®
der Papst den Kaiser Friedrich Ii. in den Bann gethan hatte,
zum König von Deutschland gewählt wurde. Er konnte indes
zum ruhigen Besitz der deutschen Königskrone nicht gelangen und
starb schon im folgenden Jahre kinderlos. Mit diesem Heinrich
erlosch die männliche Nachkommenschaft L u d w i g s mit dem
Barte. Über den Besitz der Länder aber, welche nun herren-
los geworden waren, brach ein blutiger Krieg aus, indem Hein-
rich der Erlauchte, Markgraf von Meissen, als ein Enkel
Hermanns I., die reiche Erbschaft für sich in Anspruch nahm,
Sophie, Herzogin von Brabant, aber als Tochter Ludwig
des Heiligen für ihren kleinen Sohn, Heinrich das Kind, als den
näher berechtigten Erben, eintrat. Erst nach harter neunjährige*'
Fehde, in welcher Thüringen, insbesondere die Stadt Eisenach,
sehr viel zu leiden hatte, wurde der Streit dahin ausgeglichen,
dass Heinrich der Erlauchte Thüringen, Sophie dagegen für ihren
Sohn Hessen bekam. So wurden Hessen und Thüringen, nachdem
sie seit mehr als 100 Jahren unter denselben Landesherren ge-
standen, von einander getrennt (1263); Thüringen erhielt von nun
an seine Landgrafen aus dem Hause Wettin, welches bereits im
Besitz der Markgrafschaft Meissen war und später auch zur
sächsischen Kurwürde gelangte.
139. Albrecht der Unartige und Friedrich mit
der gebissenen Wange.
1. Heinrich der Erlauchte trat 1265 Thüringen an
seinen Sohn Albrecht ab, welcher wegen seiner unge'
zügelten Leidenschaften der „Unartige" oder „Entartete
zubenannt worden ist. Dieser mar mit Margarete, der
Tochter des Kaisers Friedrich H., vermählt und hatte von
dieser drei Söhne: Heinrich, Friedrich und Diezmann. Aber
das Herz des wankelmütigen und leidenschaftlichen Fürste^
wendete sich der gefallsüchtigen Kunigunde von Eisen*
berg zu, und Albrecht war schwach genug, den boshaften
Anträgen des stolzen Hoffräuleins, die arme Margarete
aus dem Wege zu räumen, ein williges Ohr zu leihell-
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