1854 -
Saalfeld
: Riese
- Autor: Nitzelnadel, Friedrich August
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike, Mittelalter
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Jetzt stand Cäsar auf den Gipfel seiner Macht: der Senat ernannte
ihn zum Dictator auf Lebenszeit und verlieh ihm den Titel Imperator,
aber nicht in dem bisherigen Sinne als Ehrentitel für einen Feldherrn nach
dem Siege, sondern als Bezeichnung fortwährenden Oberbefehls. Allein
die Macht genügte dem großen Imperator nicht mehr, er begehrte zu der
königlichen Macht auch noch den königlichen Namen und das Zeichen. Um
diesem Ziele näher zu kommen, verbreitete man als eine Weissagung der
sibvllinischen Bücher, daß nur ein König die Parther, die gefährlichsten
Feinde des römischen Namens im Osten, sollte besiegen können.
Die Sachen waren schon so weit gediehen, daß die eifrigsten Republikaner
verzweifelten anders als durch den Mord des Dictators die Freiheit zu
retten. Marcus Innrus Brutus, sonst ein geistvoller Mann, der
durch reine Sitten, strenge Grundsätze und ehrenwerthe Thaten die Achtung
aller Gutgesinnten erworben hatte und der von jenem alten Brutus, dem
Stifter der Republik, sein Geschlecht ableitete, und Casus Cassius stell-
ten sich au die Spitze einer Verschwörung. Die Verschworenen wählten
den 15. März (44 v. Chr.), an welchem Tage der Senat in einer feier-
lichen Sitzung dem Cäsar vor seinem Aufbruche gegen die Parther die
Königswürde ertheilen sollte, zur Ausführung ihres Vorhabens. Kaum war
Cäsar, ungeachtet seines Unwohlseins und der Abmahnungen seiner durch
böse Träume beunruhigten Gemahlin Calpurnia, in der Versammlung erschie-
nen, so umringten ihn die Verschworuen und drangen von allen Seiten mit
Dolchen auf ihn ein. Als er auch den Brutus, den er wie seinen Sohn
geliebt hatte, unter den Verschwornen erblickte, rief er: „Auch du, mein
Sohn Brutus!" — hüllte sich, von der Gewalt übermannt, in seine Toga
und sank, von dreiuudzwanzig Wunden bedeckt, zu den Füßen der Bildsäule
des Pompejus todt nieder. Der Senat war ein stummer Zeuge dieser
Vorgänge und stob, von Entsetzen ergriffen, aus einander.
§ 30. Das zweite Triumvirat: Antonius, Octavianus, Lepidus.
Schlacht von Actium (31 v. Chr.).
Der Zweck, um desseutwilleu der Frevel unternommen worden war, wurde
nicht erreicht, Rom konnte die Freiheit nicht mehr ertragen, neue Bürger-
kriege flammten empor und nur eine neue Alleinherrschaft schien vor den
Greueln der Anarchie bewahren zu können.
Das erschrockene Rom wollte von Cäsar's Mördern, die sich wenigstens
des Capitols bemächtigt hatten, nichts wissen. Der schlaue Cónsul Mar-
cus Antonius, der des Dictators Rolle gern für sich selbst fortspielen
wollte, ließ Cäsar's Testament öffnen, um die den Mördern ungünstige
Stimmung des Volks zu erhöhen. In diesem Testamente wurde Cäsar's
Schwesterenkel Casus Octavius von ihm an Sohnes Statt angenommen
und zum Haupterben eingesetzt, der meisten seiner Mörder mit Wohlwollen
gedacht und jedem Einzelnen aus dem Volke ein ansehnliches Geldgeschenk
vermacht. Cäsar erschien daher dem Volke nicht als ein Tyrann, sondern
als ein Wohlthäter und seine Ermordung als eine verruchte That. Ja,
als des Ermordeten Leichnam auf einem ungeheuern Scheiterhaufen ver-
brannt wurde, steigerte Antonius durch eine Lobrede die Entrüstung des