1854 -
Saalfeld
: Riese
- Autor: Nitzelnadel, Friedrich August
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike, Mittelalter
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Iv. Ein Blick auf die Verfassung und den Culturzustaud
unter den sächsischen Kaisern (919 — 1024).
Seit dem Erlöschen der deutschen Karolinger wurde Deutschland ein
Wahlreich, in welchem die mächtigen Herzoge auf den Thron gelangten.
Allein die Rechte der Krone gegenüber dem Papste, den Fürsten und Bi-
schöfen waren noch nicht durch schriftliche Gesetze festgestellt und Alles hing
mehr oder weniger von der Persönlichkeit des Königs ab, der, der gesetz-
liches Mittel zur Geltendmachung seiner Gewalt entbehrend, zur Wahrung
der Einheit des Reichs oft willkührlich verfahren mußte. Unter den Otto-
nen stellte sich so viel fest, daß der Papst nur dem jedesmaligen Könige
der Deutschen die Kaiserkrone aussetzen und jeder neugewählte Papst der
Bestätigung des Kaisers bedürfen sollte. Dagegen mußte der Kaiser bei
der Krönung schwören, Schirmherr der katholischen Kirche zu sein, den
katholischen Glauben zu verbreiten und gegen, Heiden und Ketzer zu ver-
theidigen und alle Geistlichen gegen Eingriffe, Gewalt und Willkühr der
Weltlichen zu schützen.
Da die Königswahl meistens 'in den Händen der Herzöge lag, so
waren die Thronbewerber genöthigt, diese jedesmal durch neue Vergabungen
und Bewilligungen zu gewinnen und ihnen zum Nachtheil der königlichen
Macht immer mehr Rechte einzuräumen. Anders war das Verfahren der
französischen Könige, welche, durch die Erblichkeit des Throns begünstigt
und ihre Hausmacht immer vergrößernd, zuletzt eine unbeschränkte Gewalt
an den Thron brachten.
Die Geistlichen trachteten immer mehr nach weltlichem Besitz, und die
sächsischen Kaiser suchten den weltlichen Herren so viel als möglich zu ent-
ziehen, um es in die Hand der Geistlichkeit zu bringen, welche sie ihrem
Willen mehr unterwürfig erachteten. Aber auch die Bischöfe mißbrauchten
das ihnen übertragene Verwaltungsamt ebenso, als die weltlichen Großen,
zur Erlangung eigner Hoheit und machten königliche Provinzen, Städte und
Burgen zu bischöflichen Provinzen, Städten und Burgen. Die Könige aber
besetzten die Bisthümer entweder geradezu oder hatten wenigstens das Recht
der Bestätigung. Darum mußten die Bischöfe oder Aebte beim Antritt
ihres Amtes, ebenso wie die weltlichen Vasallen bei der Belehnung, dem
Könige den Lehenseid der Treue leisten und empfingen aus der Hand des-
selben einen Ring und den Hirten stab als Zeichen ihrer Würde und
ihrer Rechte (Investitur). Natürlich mußten die geistlichen Vasallen,
die übrigens meist Verwandte der großen fürstlichen waren und unter denen
jener Erzbischof Willigis von Mainz, eines Radmachers Sohn, eine
Seltenheit war, die Lehenspflichten ebensogut leisten, wie die weltlichen,
und thaten das durch ihre Dienstmauneu und Vögte.
Die weltlichen Herren trachteten nur nach Erblichkeit und Erweiterung
der großen Neichslehen, und wie die Kaiser nach der Erblichkeit der Kaiser-
würde, so strebten, wiewohl mit mehr Glück, die Herzöge nach der Erblich-
keit der Herzogthümer. Auf gleiche Weise mußten nun freilich auch die
Herzöge die Erblichkeit der Grafschaften dulden, die sich endlich bis auf
die untersten Aftervasallen ausdehnte. Wie die Bischöfe und einige Aebte,
so entzogen sich auch mächtige Grafen der herzoglichen Gewalt und wurden
unmittelbare Reichsvasallen. So erhoben sich denn neben den