1854 -
Saalfeld
: Riese
- Autor: Nitzelnadel, Friedrich August
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike, Mittelalter
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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theilt, Rudolf hob den Gedemüthigten wieder auf, umarmte ihn und nannte
ihn fiinen lieben Freund (1276).
Allein die Freundschaft der beiden Könige war nur von kurzer Dauer.
Während Rudolf sich in Oesterreich festzusetzen und Adel, Städte und Bi-
schöfe je einzeln durch liebreiches Betragen zu gewinnen suchte, saun der
Böhmenkönig auf Rache. Dazu reizten ihn die Vorwürfe seiner Gemahlin,
der stolzen Kunigunde von Bulgarien, die ihm den Tisch nur zur Hälfte
decken ließ, weil er kaum mehr die Hälfte seiner Staaten besäße. Ganz im
Stillen sammelte Ottokar ein Heer von 10,000 Mann und rückte mit dein-
selben gegen Wien vor. Da er aber den Krieg träg führte, so hatte der
Kaiser Zeit, sich durch den Zuzug der Reichsfürsten, der Ungarn, Kärnthner
und Steiermärker zu verstärken. Auf der großen Ebene nur wenige Stun-
den nördlich von Wien, welche man das Marchfeld nennt, kam es am
26. August 1278 zur entscheidenden Schlacht. Der Kampf war heftig und
erbittert. Ein böhmischer Ritter, Herwart von Küllenstein, dem Ottokar
eine große Belohnung versprochen hatte, drang durch die dichte Schaar,
welche den Kaiser umgab, mit Ungestüm auf ihn ein, stach sein Pferd nie-
der, so daß Roß und Mann in den nebenfließenden Bach fielen, und würde
ihn trotz mannhafter Vertheidigung umgebracht haben, wenn er sich nicht
mit seinein Schilde vor den über ihn herstürmenden Feinden gedeckt und
seinen Getreuen Zeit verschafft hätte, ihm zu Hülfe zu kommen. Schon
wankte der Kampf für das dadurch in Unordnung gerathene kaiserliche Heer,
als Verthold von Capellen mit seinen 300 Mann Kerntruppen von der
Nachhut dem böhmischen Heere in die Flanken stel und Rudolf wieder hoch
zu Roß an der Spitze derselben die böhmische Hinterhut zum Weichen
brachte. Die Flucht der Böhmen wurde allgemein. Ottokar selbst suchte
zuletzt mit nur vier seiner Getreuen das freie Feld zu gewinnen. Das
sahen zwei Ritter aus Steiermark, die er früher einmal beleidigt. Ob-
gleich Rudolf verboten hatte, den König zu tödten, so konnten sie doch ihre
Rachsucht nicht bezähmen, schlugen zwei seiner Getreuen nieder und warfen
ihn selbst vom Rosse. Da bat der wehrlos gemachte Ottokar um sein Le-
den und versprach große Belohnung; aber der Eine sprach: „Du hast mir
einst meinen schuldlosen Freund unter großen Martern getödtet! Darum
mußt du jetzt den Tod leiden!" — und stieß ihm das Schwert in die
Brust, während der Andere ihn mit dem Dolche durch den Hals stach.
Also starb Ottokar von Böhmen, dessen Grab hinter dem Hochaltare der
Metropolitankirche in Prag zu sehen ist. Als Rudolf den von Troßbuben
seines kostbaren Harnisches und seiner Kleider beraubten Leichnam des Kö-
nigs erblickte, füllten Thränen seine Augen, und tief ergriffen von dem
schnellen Wechsel des Schicksals, sprach er zu den Umstehenden: „Sehet,
das ist die Nichtigkeit aller Größe und alles Glücks auf Erden! " Noch
am Abend des Schlachttags empfingen dreihundert edle Jünglinge von der
Hand des geliebten Heerführers und Kaisers den Ritterschlag. Unter den
mehreren Tausenden von Erschlagenen und Schwerverwundeten fand man
auch jenen Ritter, welcher dem Kaiser nach dem Leben gestanden hatte.
Man wollte den noch Lebenden niederhauen. Rudolf verbot es mit den
Worten: „Das wolle Gott verhüten; es wäre ja Schade um einen so
tapfern Ritter, der sich durch das ganze Heer durchgeschlagen hat, wenn er
sterben sollte!" — und entließ ihn unversehrt in seine Heimath. Auch