1854 -
Saalfeld
: Riese
- Autor: Nitzelnadel, Friedrich August
- Sammlung: Geschichtsschulbuecher vor 1871
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Höhere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Höhere Lehranstalten, Mittlere Lehranstalten, Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): ISCED 2 – Sekundarstufe 1, Klassen 5/6/7 – 8/9/10
- Inhalt Raum/Thema: Weltgeschichte
- Inhalt: Zeit: Antike, Mittelalter
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Bann. Friedrich's jüngerer Bruder, Herzog Leopold der Glorwür-
dige von Oesterreich, rückte mit einem Heer von 20,000 Mann, dar-
unter der Kern des österreichischen und habsburgischen Adels war, gegen
Schwyz heran. In langem Zuge zogen die stattlichen Ritter, alle vom
Kopf bis zu den Füßen gepanzert, mit wallenden Helmbüschen einher. Ein
Wald von Lanzen schien sich zu nähern. Leopold hatte sich gerühmt, die
Schweizer Bauern mit seinem Fuße zu zertreten, und viele Stricke mitge-
nommen, die Anführer derselben damit aufzuknüpfen. Dieser Macht konnten
die Schweizer nur etwa 1300 Mann entgegenstellen; aber sie vertrauten
auf Gott und ihre gerechte Sache. Ja, um diese ihre gerechte Sache nicht
zu beflecken, wollten sie nicht einmal 50 Flüchtlingen, die aus ihrer Hcimath
verbannt waren, erlauben, an der Ehre des entscheidenden Tages Theil zu
nehmen. Dies war der 15. November 1315. Am Morgen dieses Tages
wälzte sich Leopold's Heeresmacht, Speer an Speer, Helm an Helm und
Harnisch an Harnisch, wie ein schimmernder Strom, soweit das Auge sie
erreichen konnte, durch die enge Straße zwischen dem Aegerisee und dem
Gebirge einher. An dem schmalen Wege, der sich zwischen dem Berge
Morgarten und dem See hinschlängelt, hatte sich der kleine Heerhaufe
der Waldstädter ausgestellt. Erschüttert durch den Anblick eines nie gesehe-
nen Heeres, doch nicht entmuthigt, schwuren sie knieend, entweder zu siegen
oder den Ehrentod für Freiheit und Vaterland zu sterben. Kaum aber war
Leopold's Heer in den engen Paß eingedrungen, als jene Verbannten, die
sich inzwischen über die Gebirge des Heerwegs hingezogen, plötzlich die dort
aufgehäuften Steinmassen und entwurzelte Bäume herabrollten und ganze
Reihen des feindlichen Heeres zerschmetterten. Schnaubend setzten die scheuen
Streitrosse über das nachdrängende, gleichfalls in Verwirrung gebrachte
Fußvolk. Immer gewichtiger stürzten die Felsmassen herab und verengten
den Weg: bis zu den Zähnen bewaffnet und dennoch wehrlos, standen die
Ritter der ungeheuern Gefahr gegenüber, unter sich den glatten Spiegel des
eisbedcckten Weges, neben sich die tückischen Gewässer des Aegerisees, vor
sich die festgeschlossenen Reihen der Schweizer. In diesem Augenblicke der
größten Bestürzung rannten die Waldstädter vom Sattelberge herab mit lau-
tem Geschrei gegen den dichtgedrängten feindlichen Knäuel an und schlugen
mit Hellebarden, Morgensternen, Schwertern und Keulen auf die Ritter ein.
Diese konnten von ihren Waffen gar keinen Gebrauch machen. Wie Halme
im Gewitterhagel, sank die schönbehelmte Mannschaft unter den Streichen der
Keulen, und vor dem eisernen Rechen der Hellebarden stoben die Glieder
des verzweifelten Heerzugs auseinander. Im blutigen Gewirre, zerstampft
von den eignen Rossen, zerschmettert von den rollenden Steinmassen, zer-
schlagen von den feindlichen Waffen, lagen die Schaaren des Herzogs in
vollendeter Zerstörung da. Viele fanden in den Wellen des Aegerisees ihren
Tod. Unter ihnen auch Landenberg, der seinen Eid gebrochen. Nur Wenige
retteten sich in angstvoller Betäubung über die Leichen der Erschlagenen
durch eilige Flucht. Herzog Leopold selbst floh in athemloser Bestürzung
über die Gebirge nach Winterthur und kam nie wieder in die Pässe der
Waldstädte zurück. Aber lustig wehete das Banner der Sieger über den
Trümmern der Besiegten. Am. 8. December 1315 wurde zu Brunnen der
alte Bund der Waldstädte durch einen feierlichen Eid in einen ewigen
Bund verwandelt, welcher dahin lautete, ihre Freiheit gegen jeden aus-