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1. Teil 1 - S. 129

1900 - Essen : Bädeker
129 Nicht jeder Gottesdienst hat bei den ihm dienenden Völkern in gleichem Maße das heilige Feuer der Kunst anzufachen gewußt, auch ist der Sinn für das Schöne in der Kunst wohl kaum bei allen Völkerstämmen gleich verteilt. Wenigstens lehrt uns die Geschichte, daß in der alten Welt vorzugsweise die Ägypter und vor allen die Griechen in ihren Tempeln Bauwerke von vollendeter Schönheit schufen. Ihnen zunächst stehen in der neuen Welt als Träger des Christentums die germanischen Völker; auch bei diesen hat die Begeisterung für das Erhabene in der unseren nordischen Verhältnissen entsprechenden Kirchen- bauweise einen ureigenen Ausdruck gestnrden, welcher mächtig genug war, zur Zeit seiner höchsten Blüte weit über die Grenzen germanischen Völkergebiets auch die Baukunst fremder Völker zu beherrschen. Während das Wesentliche des heidnischen Tempelbaues darin bestand, das Bildnis der Gottheit, der die Stätte geweiht war, aufzunehmen, und es in der Regel nur dem Priester erlaubt war, das Innere der Tempel zu be- treten, indes das Volk vor beit Tempelhallen des Opfers harrte, geboten die Vorschriften des Christentums, daß die Gemeinschaft der Gläubigen sich inner- halb des Gotteshauses versammle und Andacht übe. Hierdurch waren von Anfang an zwei hochwichtige Unterschiede zwischen dem heidnischen Tempel und der christlichen Kirche gegeben. 1. mußte der innere Raum der Kirche wesentlich größer sein, um die Gläubigen aufnehnien zu können, und 2. war dieser größere Raum vollständig zu überdecken, während bei den Völkern des Altertums der innere Tempelraum nur teilweise überdeckt und in der Mitte oben offen war. Auf der Lösung dieser beiden Aufgaben beruht hauptsächlich die Eutwickelung und das Eigentümliche des christlichen Kirchenbanes, dessen Errungenschaften später auch auf die weltliche Baukunst des Mittelalters übertragen wurden. Die ersten Baumeister christlicher Kirchen gingen zur Erreichung ihres Zieles von römischen Bauwerken ans, in denen sie sowohl was die Grund- form, als auch was die Bauart der Decken anlangte, Vorbilder fanden, mittelst deren sie den ersten räumlichen Bedürfnissen genügten. In dem Maße nun wie sich das Christentum ausbreitete und die Zahl der Gläubigen vermehrte, mußten auch die kirchlichen Anlagen vergrößert werden. Als das Christentum die herrschende Religion geworden, galt es nunmehr nicht bloß Bauwerke her- zustellen, welche ihren zwecklichen Bedürfnissen genügten, sondern auch das Wesen des Christentums in seinem erhabenen Grundgedanken versinnbildlichen sollten. So erhielt nach und nach die Grundform der Kirchen die Gestalt eines Kreuzes, bei welchem das Chor ausschließlich den gottesdienstlichen Handlungen diente, während das Schiff zur Aufnahme der Gläubigen bestimmt war. Später erhielt das Chor einen weiteren Schmuck durch Umbauung mit Kapellen, in welchen bestimmte Heilige verehrt wurden. In gleicher Weise^ vergrößerte sich nach und nach das Schiff, und da die Schwierigkeit des Überdeckens weit gespannter Räume der weiteren Ver- größerung Grenzen setzte, ging man dazu über, das Schiff durch Säulen- reihen der Länge nach zu teilen, jedoch so, daß das Mittelschiff von überwiegender Breite gegen die Seitenschiffe blieb und unterschied nun je nach dem so geteilten Raume drei- oder fünfschiffige Anlagen. Zur Weite dieser Teilungen stand ihrerseits die Höhe des umschlossenen Raumes in bestimmten Verhältnissen. Die Decken bestanden entweder nur aus dem auch von innen sichtbaren Dach, oder aus geraden, in Felder eingeteilten Holzdecken, oder aus Gewölbebildungen ver- Schürmann u. Windmoller, Lehr- u. Leseb. f. Fortbildungs- u. Gewerbesch. I. A. g
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