1891 -
Essen
: Bädeker
- Autor: Schürmann, Franz, Windmöller, Friedrich
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1881
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: ABC_Lesen
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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und nach, bis sie endlich gar keine Anziehungskraft äußert. Aufs neue an
Tuch gerieben, nimmt die Siegellackstange wiederum diese Eigenschaft an, und
so kann man diesen Versuch unendliche Male beliebig wiederholen.
Man mache nunmehr den Versuch und reibe eine Glasstange, z. B. einen
gewöhnlichen Lampencylinder mit einem seidenen Taschentuch, und der Cylinder
wird ebenfalls diese Eigenschaft erhalten.
Man nennt diese merkwürdige Eigenschaft, die sich an geriebenen
Körpern zeigt, Elektricität, weil man diesen Zustand in alten Zeiten
bereits am geriebenen Bernstein beobachtet hat und Bernstein auf griechisch
Elektron heißt.
Was aber ist Elektricität? Was geht in einer geriebenen Siegellack-
stange, einem geriebenen Glase vor, wenn sie solche sonderbare Eigen-
schaften annehmen?
Auf diese Frage hat erst die Forschung der neuester: Zeiten eine Ant-
wort zu geben vermocht, und nach dieser Antwort haben wir es hier mit
einem großen Naturgeheimnis zu thun, mit einem feinen geheimen Stoff,
einen: Fluidum, das unsichtbar und unfühlbar für unsere fünf Sinne das
ganze Weltall erfüllt.
Weitere Forschungen haben nämlich ergeben, daß nicht bloß Siegellack
und Glas diese merkwürdigen Eigenschaften besitzen, sondern daß. alle Körper
in der Welt ohne Ausnahme durch Reiben elektrisch werden können; nur ist
dieses bei den meisten nicht auffallend genug, und bei Metallen findet eine
besondere Eigentümlichkeit statt, die in gewöhnlichen Verhältnissen ihr Elektrisch-
werden ganz uninerklich macht.
Wir wollen nunmehr die besondere Eigentümlichkeit der Elektricität
etwas näher kennen lernen, müssen aber zu diesem Zweck noch einige Ver-
suche anstellen.
Man schneide sich aus Kork oder noch besser aus Holundermark ein paar-
kleine Kügelchen und hänge solch ein Kügelchen irgendwo an einem trockenen
Seidenfaden auf, so daß es wie ein Pendel frei hin und her schwingen kann.
Bringt man einem solchen Kiigelchen eine geriebene Glasstange nahe, so wird
das Kügelchen heranspringen, das Glas beriihren, dann aber davoneilen und
das Glas zu fliehen suchen. Dasselbe Glas, das früher das Kügelchen an-
gezogen hatte, wird jetzt dasselbe abstoßen.
Nunmehr berühre man das Kügelchen mit dem Finger, und man wird
sehen, daß es nun wieder von dem geriebenen Cylinder angezogen wird;
sofort aber, nachdem es denselben berührt hat, springt es davon und sucht
dem Cylinder wieder zu entfliehen. Es wird von dem Cylinder abgestoßen.
Erst dann, wenn man das Kügelchen wieder berichrt hat, hört es auf, vor
den: geriebenen Cylinder die Flucht zu ergreifen, im Gegenteil, es fühlt sich
zu ihm hingezogen, um dann, wenn es einmal denselben berührt hat, ihn
wieder zu fliehen.
Offenbar geht hier in den: Glas-Cylinder und in dem Kügelchen etwas
ganz Eigentümliches und Sonderbares vor. In: Dunkeln und namentlich,
wenn die Luft in der Stube recht trocken ist, kann man von dem, was vor-
geht, schon einigermaßen etwas sehen.
Man beobachtet im Dunkeln, daß in dem Moment, wo das Kügelchen
den geriebenen Cylinder berührt, ein feiner Funken in dasselbe hineinspringt.
Mit diesem Fünkchen geht eine Summe von Elektricität in das Kügelchen
über. Nun aber sollte man glauben, daß die Elektricität im Cylinder und,