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1. Teil 1 - S. 110

1891 - Essen : Bädeker
Nicht jeder Kultus hat bei den ihm dienenden Völkern in gleichem Maße das heilige Feiler der Kunst anzufachen gewußt, auch ist der Sinn für das Schöne iil der Kunst wohl kaum bei allen Völkerstämmen gleich verteilt. Wenigstens lehrt uns die Geschichte, daß in der alten Welt vorzugsweise die Ägypter und vor allen die Griecheil in ihren Tempeln Bauwerke von idealster Schönheit schufen. Ihnen zunächst stehen in der neuen Welt als Träger des Christentums die germanischen Völker; auch bei diesen hat die Begeisterung für das Erhabene in der unseren nordischen Verhältnissen entsprechenden Kirchen- bauweise einen ureigenen Ausdruck gefunden, welcher niächtig genug war, zur Zeit seiner höchsten Blüte weit über die Grenzen germanischen Nassengebiets auch die Baukunst freinber Völker zu beherrschen. Während das Wesentliche des heidnischen Tempelbaues darin bestand, das Bildilis der Gottheit, der die Stätte geweiht war, aufzunehmen, und es in der Regel nur den: Priester erlaubt war, das Innere der Tempel zu be- treten, indes das Volk vor den Tempelhallen des Opfers harrte, geboten die Vorschriften des Christentums, daß die Gemeinschaft der Gläubigen sich inner- halb des Gotteshauses versammle und Andacht übe. Hierdurch waren von Anfang an zwei hochwichtige Unterschiede zwischen dem heidnischen Tempel und der christlichen Kirche gegeben. 1. mußte der innere Raum der Kirche wesentlich größer sein, um die Gläubigen aufnehmen zu können, und 2. war dieser größere Raum vollständig zu überdecken, während bei den Völkern des Altertmns der innere Tempelranm nur teilweise überdeckt und in der Mitte oben offen war. Auf der Lösung dieser beiden Aufgaben beruht hauptsächlich die Entwickelung und das Eigentümliche des christlichen Kirchenbaues, dessen Errungenschaften später auch ans die weltliche Baukunst des Mittelalters übertrageil wurden. Die ersten Baumeister christlicher Kirchen gingen zur Erreichung ihres Zieles von römischen Bauwerken aus, in denen sie sowohl was die Grundform, als auch was die Konstruktion der Decken anlangte, Vorbilder fanden, mittelst deren sie den ersten räumlichen Bedürfnissen genügten. In dem Maße nun als sich das Christentum ausbreitete und die Zahl der Gläubigen vermehrte, mußten auch die kirchlichen Anlagen vergrößert werden. Als das Christentum die herrschende Religion geworden, galt es nunmehr nicht bloß Bauwerke herzustellen, welche ihren zwecklichen Bedürfnissen genügten, sondern auch das Wesen des Christentums in seiner erhabenen Idee versinnbildlichen sollten. So erhielt nach und nach die Grundform der Kirchen die Gestalt eines Kreuzes, bei welchem das Chor speziell den Kultushandlnngen diente, während das Schiff zur Aufnahme der Gläubigen bestinnnt war. Später erhielt das Chor einen weiteren Schmuck durch Umbauung mit Kapellen, in welchen be- stimmte Heilige verehrt wurden. In gleicher Weise vergrößerte sich nach und nach das Schiff, und da die Schwierigkeit des Überdeckens weit gespannter Räume der weiteren Ver- größerung Grenzen setzte, ging man dazu über, das Schiff durch Säulenreihen der Länge nach zu teilen, jedoch so, daß das Mittelschiff von überwiegender Breite gegen die Seitenschiffe blieb und unterschied nun je nach dem so ge- teilten Raume drei- oder fünfschiffige Anlagen. Zur Weite dieser Teilungen stand ihrerseits die Höhe des umschlossenen Raumes in bestimmten Verhält- nissen. Die Deckensysteme bestanden entweder in der sichtbaren Dachkonstruktion oder in geraden Holzdecken in Kaseltenform, oder in Gewölbebildungen ver-
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