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1. Lehr- und Lesebuch für die gewerblichen Fortbildungsschulen Bayerns - S. 80

1886 - München : Ackermann
80 dem Erdboden auch das Gemüt des Menschen aufs tiefste erschüttert und gemahnt an die furchtbare Macht des Herrn, der „Berge versetzt, ehe sie es inne werden, und ein Land aus seinem Orte bewegt, daß seine Pfeiler zittern." Was die Dauer und die Verbreitung der Erdbeben betrifft, so ist die erstere in den meisten Fällen auf eine sehr kurze Zeit beschränkt, so daß die furchtbarsten Verheerungen das Werk von wenigen Minuten sind. So wurde am 26. März 1812 die Stadt und Provinz Caracas in Süd- amerika in einer Minute durch 3 kräftige Stöße zerstört, von denen jeder 3—t 2 Sekunden anhielt; 20,000 Menschen verloren dabei ihr Leben. Das schreckliche Erdbeben in Calabrien von 1783 , welches seine Zerstörungen von der Stadt Oppido aus nach allen Seiten bis auf eine Entfernung von 18 Meilen verbreitete, war in zwei Minuten beendet. Das Erdbeben, welches am 1. November 1755 Lissabon, die Hauptstadt von Portugal, zum großen Teile zerstörte, und wobei über 24,000 Menschen getötet wurden, dauerte nicht länger als fünf Minuten. Das Meer stieg bei demselben 12 irr über den gewöhnlichen Stand und ertränkte durch sein Eindringen in die Straßen gegen 3000 Menschen. Es zog sich während des erwähnten kurzen Zeitraumes viermal zurück und schwoll ebenso oft wieder an. Genau zu derselben Zeit fühlte man dieses Erdbeben in vielen anderen Ländern, die zum Teil Hunderte von Meilen davon entfernt liegen. So blieben die heißen Quellen in Teplitz und Karlsbad während 24 Stun- den vollkommen aus und kehrten erst nach und nach wieder, und zwar anfangs mit sehr trübem Wasser. Es ist wahrscheinlich, daß die Erdbeben, oder tvenigsteus ein Teil derselben, durch unterirdische Dämpfe und Gase erzeugt werden, welche einen Ausweg suchen und dabei die Erdoberfläche in Bewegung setzen. Gespannte und einen Ausweg suchende Dämpfe sind aber wahrscheinlich nicht die einzige Ursache für die Entstehung von Erdbeben, und gerade bei den furchtbarsten und am weitesten verbreiteten Ereignissen dieser Art müssen noch andere Kräfte wirksam sein. Man hat nun folgende Mei- nung geltend gemacht: Die Abkühlung der Erde von der Kruste ans nach dem Erdinnern zu hat noch lange nicht ihr Ende erreicht, sondern dauert ununterbrochen fort. Die Folge davon ist, daß fortwährend geschmolzene Massen in der Tiefe fest werden, erstarren und dadurch die Dicke der Kruste allmählich verstärken. Wenn flüssige Körper in eine feste Gestalt übergehen, so nehmen sie häufig einen größeren Raum ein als vorher. Wir sehen das an dem in Steinklüften angesammelten Wasser, welches, wenn es im Winter zu Eis gefriert, sich nach allen Seiten so mächtig ausdehnt, daß es die größten Felsenmassen durch seinen Druck auseinander sprengt. Ähnliches kann auch bei dem Erstarren der feuerflüssigen Massen stattfinden. Durch den Druck, der dabei nach allen Seiten ausgeübt wird, kann von Zeit zu Zeit die Spannung so groß werden, daß irgendwo die Erdkruste nach oben gedrückt wird und nachgeben muß. Hiebei kommt es dann zu den furchtbaren Erschütterungen, von denen wir oben einzelne namhaft gemacht haben. Eine dritte Entstehungsursache endlich, und zwar für kleinere, örtlich beschränkte Erdbeben, ist wohl darin zu suchen, daß sich an manchen Orten von Zeit zu Zeit innere Einstürze von Hohlräumen ereignen, welche in Folge der Auswaschung des Erdbodens durch die unterirdischen Gewässer gebildet werden. Einer solchen Ursache mag das Erdbeben zuzuschreiben sein, das am 28. Juli 1883 die Insel Jschia bei Neapel in wenigen Sekunden in einen riesigen Friedhof umwandelte.
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