1886 -
München
: Ackermann
- Hrsg.: Reidelbach, Hans, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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81. B. Krieg mit dem republikanischen Frankreich.
Die weitere Fortsetzung des Krieges kann man den
Belagerungskrieg nennen. Auf dem südlichen Kriegsschau-
plätze war es die Festung Strassburg, welche ein bedeuten-
des Belagerungsheer beschäftigte. Prinz Karl hielt mit mehr
als 200,000 Mann die Festung Metz umschlossen und wehrte
jeden Durchbruchs versuch der Belagerten ruhigen Ernstes und
mit eisernen Armen ab. Seit Mitte September hatten der Kron-
prinz von Preussen und der Kronprinz von Sachsen mit ihren
Armeekorps das stolze Paris erreicht, das mit seinen zahl-
reichen Forts trotzig und übermütig der Belagerung entgegen-
sah. Frankreich hatte nach der Gefangennehmung des Kaisers
am 4. September die napoleonische Dynastie des Thrones ver-
lustig erklärt und im ganzen Lande das Banner der Republik
entfaltet. Die Erregung der Franzosen, ihr Hass gegen die
Deutschen kannte keine Grenzen, unsere Heere schienen auf
einem Vulkane zu stehen. Dabei zuerst Strafsburg (27. Sep-
tember), die ehemalige freie Reichsstadt des deutschen Reiches,
die vor 200 Jahren von den Franzosen auf heimtückische
Weise geraubt worden war. Auch Metz musste sich, vom
Hunger bezwungen, am 27. Oktober ergeben, und wiederum
zogen Tausende von Gefangenen in langen Zügen unseren Gren-
zen entgegen. Es war ausser diesen beiden Hauptwaffenplätzen
bis dahin auch schon eine Anzahl kleinerer Festungen in die
Hände der Unsrigen übergegangen. Paris vernahm die Kunde
von allen diesen Vorgängen mit Groll gegen die überlegene
deutsche Kraft und mit Entrüstung gegen die französischen
Heere und deren Führer und befestigte sich um so mehr in
seinem unbeugsam erscheinenden Trotze.
Den Krieg von der Mitte Dezember an könnte man als
den französischen Volkskrieg bezeichnen. An die Spitze der
französischen Kation war Gambetta getreten, ein Mann, dessen
Blicke durch mafslosen französischen Hochmut zu sehr getrübt
waren, als dass er erkannt hätte, wie sehr die Franzosen an
Manneszucht, an Waffentüchtigkeit und an Ausdauer den ge-
hassten Deutschen nachstanden, und wie nutzlos alle weiteren
Operationen der bereits entmutigten französischen Soldaten sein
mussten. Mit despotischer Rücksichtslosigkeit zwang er Tausen-
den von Bürgern und Landleuten, die sich längst schon nach
Ruhe und Frieden sehnten, die Waffen in die Hand, gleichviel,
ob sie mit denselben umzugehen verstanden oder nicht. Auf
diese Weise brachte Frankreich zwei Heere zusammen, von de-
nen das eine von Westen, das andere von Norden her, das eine