Anfrage in Hauptansicht öffnen

Dokumente für Auswahl

Sortiert nach: Relevanz zur Anfrage

1. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 141

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
94. Beispiele von Landesverfassungen. 141 Der König wird mit Vollendung des 18. Lebensjahres volljährig und legt bei dem Regierungsantritte den Eid auf die Verfassung ab. Er übt die vollziehende Gewalt aus, beruft die Kammern, schließt deren Sitzungen, kann sie auch vertagen und auflösen, verkündet die Gesetze und erlaßt die zur Ausführung derselben nötigen Verordnungen. Der König führt den Ober- befehl über das Heer und die Marine und besetzt alle Stellen in der preußischen Armee, beschließt über Krieg und Frieden, ernennt und entläßt die Minister, vereinbart die Verträge mit fremden Regierungen, läßt Münzen prägen und Papiergeld anfertigen, verleiht Orden und andere Auszeichnungen. Bei Ausübung der gesetzgebenden Gewalt ist der König an die Zustimmung des Landtages gebunden, welcher zudem auch das Recht der Teilnahme an der Aufstellung des jährlichen Staatshaushaltes, der Kontrolle der Finanz- verwaltung und des Staatsschuldenwesens und das Stenerbewilligungsrecht hat. Der Landtag zerfällt in zwei Kammern, deren Übereinstimmung zu jedem Gesetze, ebenso wie die Zustimmung des Königs, erforderlich ist. Die Erste Kammer, das Herrenhaus, besteht aus den großjährigen Prinzen des Königlichen Hauses, aus erblich berechtigten Mitgliedern und aus Personen, die der König teils auf Lebenszeit teils für die Zeit, in welcher sie ein bestimmtes Amt bekleiden, zu Mitgliedern des Herrenhauses ernennt. Die Zweite Kammer, das Haus der Abgeordneten, besteht aus 433 Vertretern des gesamten Volkes. Die Wahl ist eine indirekte, indem auf je 250 Seelen ein Wahlmann gewählt wird. Die Urwähler zerfallen dabei nach Maßgabe der von ihnen zu entrichtenden direkten Stenern in drei Klassen (Höchstbesteuerte, Minderbesteuerte, am niedrigsten oder gar nicht Be- steuerte). Die Legislaturperiode dauert fünf Jahre. Urwähler ist jeden Preuße, der 25 Jahre alt und selbständig ist, sich im Vollbesitze der bürger- lichen Ehrenrechte befindet, keine öffentliche Armenunterstützung erhält und mindestens sechs Monate in der Gemeinde wohnhaft ist. Wählbar zum Ab- geordneten ist jeder Preuße, der 30 Jahre alt, im Vollbesitze der bürgerlichen Ehrenrechte und bereits seit einem Jahre preußischer Staatsangehöriger ist. Jedes Mitglied des Abgeordnetenhauses erhält außer den Reisekosten während der Zeit, in welcher das Abgeordnetenhaus tagt, täglich 15 Mark, ans welche ein Verzicht nicht statthaft ist. Die höchste Stelle für die Staatsverwaltung ist das Staats Mini- sterium, zu welchem die Ministerien der auswärtigen Angelegenheiten, des Krieges, des Innern, der öffentlichen Arbeiten, der Finanzen, der geist- lichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten, der Landwirtschaft, Do- mänen und Forsten, der Justiz, des Handels und Gewerbes gehören. Die Minister sind dem Volke verantwortlich. Von dem Staatsministerinm getrennt ist das Ministerium des Königlichen Hauses. Die Minister und ihre Kom- missare haben Zutritt znm Landtag und müssen aus ihr Verlangen zu jeder Zeit gehört werden. Der Landtag kann die Gegenwart der Minister verlangen. Die letzteren haben im Landtag nur dann Stimmrecht, tvenn sie Mitglieder desselben sind. Die richterliche Gewalt wird im Namen des Königs durch unabhängige Richter, welche sich nur nach dem Gesetze zu richten haben, ausgeübt. Die Urteile werden im Namen des Königs ausgefertigt und vollstreckt. Die Richter werden vom König oder in dessen Namen aus Lebenszeit ernannt. Sie können nur durch Richtersprnch ihres Amtes entsetzt werden. Die Ver- handlungen vor dem erkennenden Gericht in Zivil- und Strafsachen sollen öffentlich sein. Die Öffentlichkeit kann nur durch Beschluß des Gerichtes ausgeschlossen werden. Bei Verbrechen erfolgt die Entscheidung über die Schuld des Angeklagten durch Geschworene.
   bis 1 von 1
1 Seiten  
CSV-Datei Exportieren: von 1 Ergebnissen - Start bei:
Normalisierte Texte aller aktuellen Treffer