1905 -
München [u.a.]
: Oldenbourg
- Hrsg.: Rohmeder, A. F., Loeßl, Vinzenz, Zwerger,, Fr.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Kaufmännische Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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106. Bar bezahlen!
Ich habe das monatliche Wirtschaftsgeld, letztere Zahl zu Grunde
legend, für die Ausgaben beim Kaufmann hinfort auf 21 Jc bemessen
und es reichte.
Die Unterschiede sind hier sehr schroff. — Es ist für die Wirt-
schafterin viel schwerer, zur bestimmten Zeit täglich für eine klar und
deutlich begründete Ausgabe Geld zu verlangen, als mit dem Buche zum
Kaufmann zu schicken und zu sagen: „Schreiben Sie es auf!" Es wird
dann ohne Überlegung gehandelt und ohne Sparsamkeit gewirtschaftet.
Meistens wird ja der Unterschied zwischen Bar- und Kreditverbrauch so
gewaltig nicht sein, aber eine ungünstige Vermehrung der Ausgaben beiin
„aufs Buch holen" steht unzweifelhaft fest.
Noch viel auffallender wird uns die Notwendigkeit der Barzahlung
klar durch folgende kleine Geschichte.
Irgendwo in Polen — den Ort nenne ich nicht — besteht auch
noch die schöne Sitte, daß die Landwirte der Umgegend im Städtchen
alles auf Buch kaufen oder auf Rechnung anfertigen lassen und bezahlen,
wenn sie gerade Geld in den Händen haben, oft nach Jahren erst. Ein
Sattlermeister, der den zweifelhaften Vorzug genoß, eine große Zahl
solcher Buchkunden zu haben, hatte unter anderem einmal für einen der-
selben einen Reitsattel gefertigt, vergaß aber die Sache zu buchen. Später
erinnert er sich der Geschichte, weiß aber nicht mehr genau, welcher von
den vielen Kunden den Sattel erhalten hat. — Vielleicht der? — oder
der? — oder — kurz, er weiß es nicht mehr.
Schnell entschlossen, setzt er den Reitsattel zwölf seiner Kunden mit
auf die Rechnung. — Sie haben alle schon feit langem nicht mehr
bezahlt. Einer von ihnen hat den Sattel bestimmt erhalten, die übrigen
11 werden sich schon melden. — Sie meldeten sich aber nicht, sondern
bezahlten — nach und nach — alle 12. Keiner wußte mehr bestimmt,
was er dem Sattlermeister schuldig war, keiner erhob Widerspruch.
Vielleicht hast du auch schon einigemal einen Reitsattel bezahlt!
Paffe doch auf! Der Kaufmann, der lange bucht, muß doch irgendwie
entschädigt werden; bezahle lieber bar, bezahle so schnell als möglich,
selbst wenn der Kaufmann Umstünde macht dein Geld anzunehmen, selbst
wenn er sagt, es eilt nicht, gerade dann!
Umgekehrt darf sich aber auch der Kaufmann nicht verleiten lassen
„aufzuschreiben". Denn er zieht sich dadurch eine unlautere Kundschaft
und bringt sich selbst in Schaden; ja, er wird in Versuchung geführt,
auch seinerseits nicht bar oder am Verfalltage zu zahlen, und gerät
damit auf dieselbe schiefe Ebene, aus welcher der Private strauchelt.
Nach Böttner.