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1. Deutsches Lesebuch für kaufmännische Fortbildungsschulen und verwandte Anstalten - S. 348

1905 - München [u.a.] : Oldenbourg
348 200. Zwei deutsche Kriegs Häfen. Doch was sind das für schwarze Fahrzeuge, die durch das ohrenbetäubende Geheul ihrer Dampfsireuen unsere Aufmerksamkeit auf sich ziehen? Es sind Torpedoboote, jene kleinen Schisse, die im Kriege lautlos ihren Gegner be- schleichen und ihm durch ihr unterseeisches Geschoß den Untergang bereiten. Eine mächtige Schaumwelle vor ihrem haarscharfen Bug hertreibend, schießen sie pfeilschnell an uns vorüber und steuern in den nun folgenden breiteren Teil des Kriegshafens hinaus. Links wendend, verschwinden sie in der Wiker Bucht, einem Teil des Kieler Hafens, in dessen äußerstem Winkel für sie der Torpedoboothasen erbaut ist. Am Nordufer dieser kleinen Bucht er- blicken wir gewaltige Ufermauern und gleich hinter denselben auf einem kleinen Hügel einen schlanken Leuchtturm. Hier mündet der Kaiser-Wilhelms- Kanal (s. Nr. 173) in den Hafen. Eine langgestreckte rote Mauer am jenseitigen Ufer des Hafens umschließt eine Menge gleichförmiger kleiner, schwarzer Schuppen, in denen zum Teil in unterirdischen Gewölben Granaten und andere verderbenbringende Geschosse lagern, damit im Kriegsfalle die Schiffe ihren Bedarf an Munition schnell ergänzen können. Wir nähern uns dem Ansgang. Schon aus der Ferne erkennen wir in seiner Nähe eine Reihe massiger Gebäude. Es sind die Kasernen der Festung Friedrichsort, die als starke Brustwehr im Verein mit mehreren anderen Forts den Hafen zu schützen hat. Hunderte von Kanonen scheinen auf uns gerichtet zu sein, während wir durch die enge Einfahrt auf die Ostsee hinaussteuern. Von den Höhen der Ufer, die nun auf beiden Seiten immer weiter zurück- weichen, starren uns ebenfalls zahlreiche Feuerschlünde entgegen. Wehe dem feindlichen Schisse, das versuchen wollte, mit Gewalt die Einfahrt in den Hafen zu erzwingen! Ii. Wilhelmshaven. Als am Anfang der fünfziger Jahre des vorigen Jahrhunderts Preußen für seine seit 1842 sich langsam, aber stetig entwickelnde Flotte einen Kriegs- hafen an der Nordsee suchte, entschied es sich für die Westküste des Jade- busens, einer 190 qkm großen Ausbuchtung der Nordsee, die iin Laufe der Jahrhunderte durch wiederholte große Sturmfluten entstanden ist. Hier an der schmälsten Stelle der Jade (5 km breit) bot sich eine günstige Reede, wo bei gutem Ankergrund und hinreichender Tiefe genügend Raum für eine große Flotte vorhanden war. Es konnte nicht fehlen, daß diese für die Anlage eines Kriegshafens günstigen Verhältnisse schon früher die Aufmerk- samkeit der Männer aus sich lenken mußten, die Sinn und Verständnis fürs Seewesen besaßen. So hatte sich bereits Napoleon I. mit dem Plane be- schäftigt am Jadebusen einen Kriegshasen anzulegen. Wo heute die mäch- tigen Stahlrohre unserer Batterien aus den Befestigungswerken drohend her- vorlugen, pflanzte im Jahre 1811 der große Eroberer seine Kanonen auf um englische Schisse fernzuhalten und die Absperrung des europäischen Fest- landes gegen die Einfuhr englischer Waren durchzusetzen. Er hat sicher da- mals ntcf)t geahnt, daß 43 Jahre später an dieser Stelle ein Hohenzoller den preußischen Aar hissen lassen würde, um einen Kriegshafen als Stützpunkt für seine aufstrebende Flotte zu erbauen. Es war der 23. November 1854, als das kleine Gebiet unter dem Namen „Königlich Preußisches Jadegebiet" von Oldenburg an Preußen überging. Wer hätte damals gedacht, daß hier, wo auf den feuchten, sumpfigen Marschwiesen in halbverlorener Einsamkeit wenige Bauerngehöste mit niedrigen, nach niederdeutscher Art ohne Schorn- stein gebauten Häusern verstreut lagen, einst eine blühende Stadt entstehen würde! Und doch ist das Unerwartete Tatsache geworden.
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