1905 -
München [u.a.]
: Oldenbourg
- Hrsg.: Rohmeder, A. F., Loeßl, Vinzenz, Zwerger,, Fr.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Kaufmännische Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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208. Die Schweiz. 363
Der zwischen dem Boden- und Genfer See sich ausdehnende
Landstrich, etwa ein Drittel des Ganzen, kann als ebene oder flache
Schweiz bezeichnet werden. Zwischen Jura und Alpen gelegen, bildet
sie, ein durch Hügelketten gegliedertes Gelände, den Anfang der
Schwäbisch-Bayerischen Hochebene. Sie unterscheidet sich aber von
letzterer durch südlichere, nach Westen geneigte Lage, durch geringere
Seehöhe, milderes Klima und grössere Gliederung (Hügel und tief ein-
geschnittene Flusstäler). Die Schweizerische Hochebene ist eine Korn-
kammer für das Gebirge, indem hier der Ackerbau zwar mit Anstren-
gung, aber Erfolg betrieben wird; sie ist zugleich die Gegend der
Städte und der städtischen Gewerbe mit einer Bevölkerung, die im
allgemeinen in gewerblicher und kaufmännischer Tätigkeit den Gebirgs-
bewohnern voraus ist. In der Alpengegend, deren Bevölkerung oft
durch Gletscher und Hochgebirgsketten voneinander geschieden ist,
kann Landbau nur dürftig betrieben werden; Städte und Fabrikanlagen
fehlen hier fast durchaus und es bildet die Viehzucht den Haupt-
erwerbszweig.
Die schöne Schweiz ist von der Natur gerade nicht mit Boden-
schätzen bedacht. Eisen ist wenig vorhanden (zwei Fünftel des Be-
darfes), Kohlen noch weniger. Obst hat sie in Fülle, folglich auch
Obstmost; aber ihre Weine decken bei weitem nicht den Bedarf. Auch
das Getreide, das die zum Ackerbau geeigneten Landstriche hervor-
bringen, ist viel zu wenig zur Ernährung der jetzigen Bevölkerung-
Sie muss gar vieles vom Ausland beziehen. Mit Wiesen und Alpen-
matten gesegnet, hegt sie einen herrlichen und zahlreichen Viehstand;
alljährlich werden mehrere tausend Kühe und viele Zuchtstiere in die
Fremde verkauft. Der durch die Alpen wirtschaft gewonnene Käse
bildet einen bedeutenden Ausfuhrartikel.
In mehreren Kantonen, besonders in St. Gallen, Zürich und
Aufserrhoden, Basel und im Aargau, auf und am Jura hat sich immer
mehr ein industrielles Leben entwickelt, das gegenwärtig auf einer
Höhe steht, die Erstaunen erregt.
Nennen wir zuerst die Uhrenfabrikation. Ihre Hauptsitze sind
in La Chaux de Fonds, Le Lode, im Traverstal und in anderen
Juratälern, besonders auch in Genf, »der Hochschule der Uhrmacher«.
Der europäische Markt ist für sie längst zu eng. In Genf wird ferner,
teils mit der Uhrmacherei verbunden teils als selbständige Industrie
auftretend, die Verfertigung von Gold- und Silberwaren, welche ge-
nannte Stadt zu einer Art »Klein-Baris« macht, im grossen betrieben.
Die Herstellung von Musikdosen, ein Nebenzweig des Uhrengeschäftes,
ist fortdauernd in Blüte; die Fabrikate gehen bis nach China. —
Gleich wichtig ist die Verarbeitung der Baumwolle, der Hauptindustrie-
zweig der Schweiz; sie hat ihre Hauptsitze in der Ostschweiz. Ihr