1905 -
München [u.a.]
: Oldenbourg
- Hrsg.: Rohmeder, A. F., Loeßl, Vinzenz, Zwerger,, Fr.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Kaufmännische Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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231. Römerstraßen.
Die Tatkraft der Römer hat den von ihnen beherrschten Teil der Erd-
oberfläche mit einem planvollen Netz von sorgfältig gebauten Straßen bedeckt.
In Gallien sind die ersten umfassenden und planmäßig angelegten Straßen
durch Agrippa, in Spanien durch Augustus selbst geleitet worden, während
in die übrigen Provinzen Senatoren zu dem gleichen Zweck entsendet wurden.
Von den späteren Kaisern haben insbesonders Trojan, Hadrian und Anto-
ninus Pius in der Ausführung von Straßen- und Brückenbauten sowie durch
Entwässerung von Sümpfen Hervorragendes geleistet, so daß die gesamte
Ausdehnung des Straßennetzes gegen Ende der Kaiserzeit von der Mündung
des Rheines bis nach Afrika und Kleinasien auf eine Entfernung von
12 000 Kilometer auf rund 300000 Kilometer geschätzt wird.
Die Breite der römischen Straßen war verschieden, den Verhältnissen
und der Örtlichkeit angepaßt. Die noch bestehende, von Rom nach Capua
führende, von Cäsar wiederhergestellte Via. Apia hat 7,5 m Breite, die von
Rom nördlich nach Arminium führende, von Augustus gebaute Via Flaminia
hatte eine gepflasterte Fahrbahn von 5 in Breite, beiderseits begrenzt von
0,6 in breiten, erhöhten Bordsteinen, an welche sich je 2,5 in breite, bekieste
Seitenwege anschlossen. Die erhöhten Bordsteine konnten ebensogut für Fuß-
gänger und zum Aufsteigen der Reiter als zum Ausruhen für marschierende
Truppen dienen. Dagegen hatten die die Alpen überschreitenden Gebirg-
straßen der Römer nur eine Breite von 2,0—3,5 m, so daß mehrere nicht
einmal fahrbar, sondern nur für Fußgänger und Saumtiere benutzbar gewesen
zu sein scheinen; sie waren auf der Sonnenseite der Täler und mit Rücksicht
auf den Schutz vor Lawinen angelegt, und mit meist sehr großen Steinen
gut gepflastert. Schon Cäsar ließ den Übergang über den Großen St. Bern-
hard in Angriff nehmen, welcher, wie auch die Heerstraße über den Mont-
Cenis, unter Augustus vollendet wurde. Ünter den nachfolgenden Kaisern
wurden alle vorhandenen Saumpfade in den Alpen umgebaut und noch
weitere Übergänge eröffnet, so über den Simplón unter Severus, über den
Brenner, über die Jllyrischen Alpen n. a. Als Beweis für die Umsicht, mit
der bei der Anlage der Römerstraßen vorgegangen wurde, kann angeführt
werden, daß die Jura- und die Nationalbahn in der Ebene der Schweiz fast
genau den ehemaligen Römerstraßen folgen. Bei dem überwiegend militä-
rischen Zweck ihres ausgedehnten Straßennetzes in eroberten, aber von ihnen
oft nur wenig besiedelten Ländern hatten die Römer das größte Interesse,
die Arbeiten für die Instandhaltung der Fahrbahn auf ein möglichst geringes
Maß zurückzuführen, weshalb sie auf deren Bau die größte Sorgfalt ver-
wendeten und sie aus einer Reihe von iibereinander liegenden Schichten zu-
sammensetzten. Die unterste Schichte bestand meist aus zwei Lagen flach ge-
legter und in Mörtel gesetzter Steine, dann folgte eine Schicht Steinbrocken
in Mörtel, dann entweder eine Betonlage aus zerschlagenen Steinen und
frischgelöschtem Kalk, in welche, solange sie noch weich war, die Pflastersteine
als Deckschichte eingeschlagen wurden, oder eine Lage Lehm, auf welche Kies
in Mörtel gebettet oder festgestampftes Kleingeschläge als oberste Lage auf-
gebracht wurden. Die Gesamtstärke dieser Schichten erreichte namentlich in
Aufdämmnngen nicht selten 1 na.
An den Straßen, welche mit von Rom aus zählenden Meilensteineu
versehen waren, lagen in Abständen von je zehn Stunden Militärstationen
(naan8íon6s) zum Übernachten der Truppen sowie Postrelais (mutationes)
mit Unterkunfträumen für die Reisenden und Stallungen für Pferde und
sonstige Zugtiere. Die gut verwaltete, jedoch nur staatlichen Zwecken dienende
Post (cursus publicus) war für drei Arten von Beförderungen eingerichtet,
nämlich für Staatsdepeschen durch berittene Eilboten, für kaiserliche Offiziere