1905 -
München [u.a.]
: Oldenbourg
- Hrsg.: Rohmeder, A. F., Loeßl, Vinzenz, Zwerger,, Fr.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Kaufmännische Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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252. Aus der Zeit der Kontinentalsperre.
352. Aus der Zeit der Kontinentalsperre.
Am 22. Oktober 1810 fand man überall in der Stadt Frankfurt a. M.
folgende Bekanntmachung: „Wir Napoleon u. f. w. In Erwägung, daß die
Stadt Frankfurt mit englischen und Kolonialwaren angefüllt ist, die im Laufe
des Sommers aus Holland und den nordischen Häfen eingeführt worden;
daß diejenigen Kaufleute, welche mit den durch das Berliner Dekret von 1807
verbotenen Waren handeln, deren bevorstehende Konfiskation wußten; daß
die meisten dieser Waren noch in Rechnung stehen und englischen Kaufleuten
angehören; daß diese Waren übrigens dazu bestimmt sind, heimlich und
frevelhafterweise in Frankreich eingeführt zu werden, wodurch ein Mautkrieg
auf unsern Grenzen unterhalten wird; daß England nicht allein mit Frank-
reich sondern auch mit dem Rheinischen Bund im Kriege steht; endlich, daß
Unser Berliner Dekret bekannt macht, daß überall, wo Unsere Truppen stehen,
die daselbst vorhandenen englischen oder Kolonialwaren konfisziert werden
sollen, und daß diese Maßregel bereits zu Stettin, Danzig und im ganzen
nördlichen Deutschland vollzogen worden ist, haben Wir folgendes dekretiert:
1. Der Sequester soll zu Frankfurt auf alle Kolonialwaren, englischen
oder von englischem Handel herkommenden Waren gelegt werden, welche da-
selbst vorhanden sind; 2. eine Kommission von Unserm Vetter, dem Fürsten
von Eckmühl, Obergeneral Unserer Armee, in Deutschland ernannt werden,
um alle zur Vollziehung gegenwärtigen Dekrets nötigen Maßregeln zu er-
greifen, bis Wir über besagten Sequester entschieden haben werden.
Fontainebleau 14. Oktober 1810. Napoleon."
Zugleich erließ der General Friant in Frankfurt eine Proklamation, wo-
durch allen Einwohnern verboten ward, irgend eine der besagten Waren aus
der Stadt zu führen. Alle Kaufleute haben jede Gattung solcher Waren in
ihrem Besitz anzugeben; alle Waren, die nicht in den ersten 24 Stunden nach
Bekanntmachung dieser Proklamation angegeben werden, sollen konfisziert
werden. Unrichtige Angabe zieht die Konfiskation des Ganzen nach sich. Der
Angeber von verheimlichten Waren erhält den fünften Teil des Wertes als
Belohnung.
Am Morgen dieses Tages hatte Friant die Besatzung der Stadt unter
dem Vorwand einer Revue versammelt. Nach derselben besetzten die zurück-
kehrenden Truppen alle Tore. Kanonen wurden auf dem Roßmarkt auf-
gefahren und starke Patrouillen durchzogen die Straßen. — Abends kamen
französische Douaniers aus Mainz an und seitdem wurden alle Wagen, welche
die Tore passierten, aufs genaueste untersucht. Später wurde diese Maß-
regel auch auf die Fußgänger ausgedehnt. Die bestürzte Kaufmannschaft be-
schloß, sofort eine Deputation an den Großherzog zu senden, der sich damals
in Hanau befand.
Das Gesuch dieser Deputation blieb jedoch erfolglos. Der Großherzog
könne nichts in dieser Angelegenheit tun, hieß es. Unterdessen nahmen die
Gewaltmaßregeln ihren Fortgang. Die Warenverzeichnisse der Kaufleute