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1905 -
München [u.a.]
: Oldenbourg
- Hrsg.: Rohmeder, A. F., Loeßl, Vinzenz, Zwerger,, Fr.
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Kaufmännische Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
44§-
253. Deutschland nach 1815.
wurden abgegeben und man schätzte den Wert der angemeldeten Waren auf
20 Millionen Gulden. Dann wurden mehr als hundert Magazine derjenigen
Kaufleute versiegelt, welche vorzugsweise mit England in Handelsverbindungen
standen, und es erschien eine Bekanntmachung, welche eine Durchsuchung der
Häuser aller Einwohner in Aussicht stellte. Die Anschuldigungen wegen
ungenügender Warenangabe führten zu zahlreichen Beschlagnahmen. Die
verzweifelnden Einwohner kamen auf den Gedanken eine Deputation an
Napoleon zu senden, gaben sie jedoch als voraussichtlich nutzlos bald wieder
auf. Eine zweite Abordnung an den Großherzog dagegen erlangte endlich
durch Bitten und Drängen die Zusage, daß er seine Vermittlung bei dem
Kaiser wolle eintreten lassen. Einen erheblichen Erfolg erreichten die Kauf-
leute durch Anwendung der in ihrer eigenen Macht stehenden Mittel. Infolge
allgemeiner Verabredung akzeptierten sie vom 1. November an keinen Wechsel
mehr; dadurch entstand eine plötzliche Lähmung des Handelsverkehrs, die in
rascher Folge einige Bankrotte in Straßburg und in anderen französischen
Städten nach sich zog. Bereits am 6. November wurde die Beschlagnahme
aufgehoben und ein neues Dekret aus Fontainebleau vom 8. November ge-
nehmigte diese Maßregel und gestattete, daß die Abgaben in verschiedenen
Fristen von 3, 6 und 9 Monaten bezahlt werden könnten, entweder durch
Wechsel oder Wertpapiere oder in deren Ermangelung durch Waren.
Alle Kolonialwaren, die erweislich aus den Verkäufen der französischen
Kaperschiffe herstammten, dürsten zollfrei in Frankreich eingeführt werden.
Dagegen sollten alle gewebten englischen Waren verbrannt werden.
Mit der Durchführung der Gewaltmaßregel wurde dann am 17. November
der Anfang gemacht. Auf einem Platze vor dem Allerheiligentore wurde
ein französisches Regiment aufgestellt und unter kriegerischen Klängen der
Musik ein Scheiterhaufen angezündet. An den zwei folgenden Tagen ward
damit fortgefahren und am 23. November das gleiche wiederholt. Der
ganze Ertrag der Steuern und der aus den Beschlagnahmen veranstalteten
Verkäufe floß in die französischen Kassen. Man berechnete den Verlust, den
die Frankfurter Kaufleute durch diese Maßnahmen erlitten, auf mehr als
12 Millionen Franken. Trotzdem erwies sich die Kontinentalsperre als er-
folglos und brachte Frankreich mehr Schaden als England.
v. Beaulieu-Marconnay.
253. Deutschland nach 1815.
Aus tiefster Erniedrigung hatte sich das deutsche Volk durch die Kriege
von 1813 und 1815 gerissen und in gewaltigem Aufschwünge hatte sich das
gesamte deutsche Leben gegen die Fremdherrschaft geeint. Die ungeheuersten
Opfer waren von allen Seiten gebracht worden. Man hatte gehofft, daß
Deutschland frei, geeinigt und stark aus diesem schweren Ringen hervorgehen
werde. Doch das Hoffen war umsonst!
Die deutsche Bundesverfassung, welche der Wiener Kongreß nach fast
neunmonatlicher Beratung zuwege brachte, war nicht geeignet, die Hoffnungen
des deutschen Volkes auf nationale Einigung zu erfüllen, und sie wurde von