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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 79

1903 - Essen : Baedeker
Im Puddelwerk. 79 verfügten bei höheren Selbstkosten nur über schlechte Landwege, und von seiten des verarmten Staates geschah nichts, solche Zu- stände zu bessern. Auf diese Übelstände wies ein Bahnbrecher der Industrie im Ruhrgebiet, Friedrich Harkorü), durch Wort und Schrift hin. In England hatte er sich davon überzeugt, welche großen Fortschritte dort das in Deutschland noch unbekannte neue Eisenfrisch-Verfahren, das sogenannte Buddeln, gemacht hatte. „Unsere Eisenhütten,“ so schrieb er im Jahre 1824, „werden im Durchschnitt jämmerlich be- trieben: kleine Öfen, schlechte Gebläse, ungleiches Material, ge- ringe Erzeugung stellen die Selbstkosten erheblich höher als in England. So ist es erklärlich, daß die Ausländer das Eisen 40 bis 6o°/o billiger erzeugen und wir von den auswärtigen Märkten verdrängt werden mußten. Es erscheint daher notwendig, daß sich für die Einführung des Buddel Verfahrens eine Aktien-Gesell- schaft bilde, da nur eine solche die Sache mit Nachdruck be- treiben kann.“ Aber Harkort blieb ein Frediger in der Wüste. Da entschloß er sich, selbst Hand ans Werk zu legen. Abermals reiste er (im Jahre 1826) nach England, um erfahrene Arbeiter für das erste Buddel- und Walzwerk zu werben, welches er in Wetter an der Ruhr anlegen wollte. Mit einem Buddelmeister, einem Hammer- schmied und einem Walzer kehrte er zurück; die einheimischen Arbeiter gewannen allmählich Selbstvertrauen und machten sich das neue Arbeitsverfahren zu eigen. Harkorts Verdienst bestand nicht nur darin, daß er das erste Buddel- und Walzwerk errichtete, sondern beruhte auch darauf, daß er, den eigenen Vorteil außer acht lassend, seine Fabrik niemand ver- schloß, ja sogar andere in ähnlichen Unternehmungen mit Rat und Tat unterstützte. Solche Selbstlosigkeit begegnete in Verwandten- und Freundes- kreisen ernstem Tadel. Harkort pflegte jedoch darauf zu antworten: „Mich hat die Natur zum Anregen geschaffen; das Ausbeuten muß ich andern überlassen.“ So verbreitete sich das Buddelverfahren rasch im ganzen Ruhrgebiete und weit darüber hinaus. In groß- artigem Maßstabe ist es in der weltberühmten Kruppschen Fabrik in Essen ausgebildet worden. Nach L Berger Ii. Das Kruppsche Buddelwerk zu Essen umfaßt drei hohe, luftige Gebäude, jedes 70 m lang und 40 m breit. Sie liegen in einer Flucht nahe beisammen und stellen für sich allein schon eine große Eisenhütte dar, obwohl sie nur einen kleinen Teil der gewaltigen *) *) Erst Kaufmann, dann Industrieller und Politiker (1793—1880), wurde in der Schlackt bei Ligny verwundet. Nach den Freiheitskriegen errichtete er Walz- und Eisenwerke mit Arbeiterkrankenkassen und andern wohltätigen Einrichtungen (s. Nr. 45). Er befürwortete schon 1827 heim Freiherrn von Stein die Einrichtung von Eisenbahnen und der Dampfschiffahrt auf dem Rhein und der Weser und arbeitete Pläne aus zur Anlage von Kanälen zwischen Elbe und Rhein, wurde Mitglied des preußischen Abgeordnetenhauses und des norddeutschen Reichstages und trat für die Hebung der Volksschulbildung entschieden ein.
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