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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 286

1903 - Essen : Baedeker
286 Die deutschen Kolonieen unter Kaiser Wilhelm Ii. "129. Die deutschen Kolonieen unter Kaiser Wilhelm Ii. 1. Wohl wehte im Jahre 1888 schon seit längerer Zeit die deutsche Flagge an den Küsten Afrikas und in der Südsee; indessen waren die kolonialen Gebiete noch weit davon entfernt, wirkliche Kolonieen zu sein, die dein Mntterlande durch ihre Erzeugnisse erheblichen Nutzen schaffen konnten. Der Einfluß der Reichsgewalt beschränkte sich auf vereinzelte Vorposten, die zuni Teil noch in den Händen von Privatgesellschaften waren. Den Einge- borenen hatte der richtige Begriff von Deutschlands Macht und Größe noch nicht beigebracht werden können. Jetzt aber begann das Deutsche Reich, auch jenseit der Meere seinen heimischen Machtmitteln entsprechend aufzutreten. In Ostafrika erfolgte am l6. August 1888 die Übergabe des Küsten- strichs, den die deutsch-ostafrikanische Gesellschaft vom Sultan von Sansibar auf 50 Jahre gepachtet hatte, und in 14 Häfen wurde die Flagge dieser Ge- sellschaft unter dem Donner der Geschütze gehißt. Alsbald begann eine eifrige Tätigkeit, um dieses Gebiet wirtschaftlich auszunutzen, und schon sah man im Geiste den deutschen Kaufmann seine Pfade bis an das Seengebiet und die Grenzen des Kongostaates ziehen. Da erstanden den Deutschen in den Arabern schlimme Feinde. Die deutsche Verwaltung drohte, ihnen das Ranb- und Bestechungsgewerbe zu legen, welches sie bisher im Innern des Landes und an den Zollstätten betrieben hatten. Deshalb machten sie den kühnen Händler Buschiri zu ihrem Führer, und am 22. September 1888 rückten die Aufständischen mit bewaffneten Negerscharen vor Bagamoyo, den Haupt- platz der Deutschen. Hanptmann von Gravenreuth (gefallen in Kamerun 1891) warf sie zwar aus der Stadt und trieb sie zurück, und ebenso behauptete sich mit Hülfe der Flotte der Hafen Dar es Salüm; alle andern Küstenplätze aber fielen in die Hände der Wüteriche; die deutschen Beamten wurden vertrieben, die Anpflanzungen zerstört. In dieser Not zeigte Kaiser Wilhelm Ii., daß er mit klarem Blick und kräftiger Hand in die verworrenen Verhältnisse Ordnung zu bringen wußte. Der deutsche Reichstag bewilligte zwei Millionen Mark für die Unter- drückung des Sklavenhandels, der von den Arabern lebhaft betrieben worden war, sowie zum Schutze deutscher Interessen; Kriegsschiffe wurden nach Ost- afrika entsandt, und der Hauptmann Wißmann (jetzt Major v. Wißmann), der erste Deutsche, welcher Afrika in der ganzen Breite durchzogen hatte, wurde dazu ausersehen, als Reichskomniisfar die Ruhe und das Ansehen der deutschen Flagge wiederherzustellen. Dieser kühne Kriegsmann bildete mit deutschen Offizieren und Unteroffizieren, ägyptischen Soldaten und Zulakaffern eine deutsche Reichstrnppe, mit welcher er Bnschiris verschanztes Lager er- stürmte und den hartnäckigen Aufwiegler rastlos ins Innere des Landes ver- folgte, so daß er endlich auf der Flucht gefangen genommen und standrecht- lich erschossen wurde. Bei diesem Kampfe handelte es sich zugleich um einen sittlichen Ge- danken; denn er war ein Kreuzzng gegen die Schmach unsers Jahrhunderts, den Sklavenhandel, und eine menschenfreundliche Tat, die allen abendländischen Völkern, welche Besitzungen in Afrika hatten, zu gute kommen mußte. _ Der Aufstand hatte aber auch den Beweis dafür geliefert, daß die Kolonisation so gewaltiger Länderstrecken durch private Tätigkeit nicht durchführbar sei. Deshalb wurde in dem 1890 abgeschlossenen deutsch-englischen Vertrage, welcher das deutsche und englische Einflnßgebiet schärfer abgrenzte, mit dem
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