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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 319

1903 - Essen : Baedeker
König Friedrich Wilhelm I. als Volkswirt. 319 den Bürgern, daß sie die Straßen pflasterten, reinigten und abends be- leuchteten. Ms der westfälische Friede den Verwüstungen des schrecklichen Krieges ein Ziel setzte, da kannten die Brandenburger sich bereits der Segnungen des Friedens erfreuen. Rastlos fuhr der Kurfürst auch nach dem Kriege fort, den Wohlstand seiner Untertanen zu heben. Er ermunterte und unterstützte diejenigen, welche ein Gewerbe begründen oder Fabriken anlegen wollten. Er selbst richtete mehrere Glashütten, Eisen- und Blechhämmer, eine Gewehrfabrik, eine Seidenweberei und eine Zuckersiederei ein. Arbeitsscheue Bettler ließ er aufgreifen und in Fabrikorte bringen, wo sie ihr Brot verdienen mußten. Im Jahre 1685 bot er den französischen Untertanen, welche um ihres Glaubens willen ihr Vaterland verließen, eine neue Heimat in seinem Lande an. Mehr als 16000 französische Flüchtlinge folgten seiner Lin- ' ladung. Sie lohnten des Kurfürsten menschenfreundliche Gesinnung nicht nur dadurch, daß sie treue Untertanen wurden, sondern auch, indem sie manchen neuen Lrwerbszweig in Brandenburg einführten und bereits vor- handene verfeinerten. Die Franzosen, die sogenannten Réfugies, d. h. Flüchtlinge, brachten den Seidenbau und die Zeidenweberei wie auch die Spiegelfabrikation in die Mark. Lin Franzose schlug in Magdeburg den ersten Strumpfwirkerstuhl auf,- ein anderer legte in dem benachbarten Burg die erste Papiermühle an. Buch den Hut-, Handschuh- und Perücken- machern waren die Einwanderer Lehrer und Vorbilder. Der Tuchmacherei wandte der Kurfürst ganz besondere Fürsorge zu. Zur Belebung des woll- und Tuchhandels rief er in der Ztadt Brandenburg einen neuen wollmarkt ins Leben,' auch erließ er Bestimmungen zur Verbesserung der einheimischen Tuchfabrikation und verbot die Einfuhr fremden Tuches. In ähnlicher weise förderte er die Bielefelder Leinenindustrie. Das Wohl der Handwerker lag dem Kurfürsten sehr am Herzen. Noch im letzten Jahre seiner Negierung erließ er eine Handwerkerordnung, welche mit manchem überlebten Brauch aufräumte. 5o sollten z. B. fortan Zähne von Nachtwächtern, Zchäfern, Pfeifern, Barbieren, Toten- gräbern, deren Beruf bisher für „unehrlich" gehalten wurde, von den Zünften als Lehrlinge zugelassen werden, ebenso Bauernsöhne. Nuf die Lehrzeit sollte eine mindestens N/s Jahre währende wanderzeit folgen. Um den Verkehr lebhafter zu gestalten, erließ der Kurfürst eine Ver- ordnung zur Verbesserung der Landstraßen,' auch ließ er Brücken und Dämme bauen und an einsamen Wegstrecken Gasthäuser anlegen. Durch den Bau des Friedrich-Wilhelm-Kanals erwies er dem Güterverkehr einen wichtigen Dienst. Zo hat der Große Kurfürst sein Land nicht nur wehr- haft, sondern auch erwerbsfähig gemacht, und in ^doppeltem Zinne gilt, was sein Urenkel über ihn sagte: ,,Der hat viel getan!" Nach W. Pierson u. a. König Friedrich Wilhelm I. als Volkswirt. 1. Nicht durch glänzende Kriegstaten hat sich der zweite preußische König hervorgetan; vielmehr sind seine Erfolge auf dem Gebiete der Staats- verwaltung und der Volkswirtschaft zu suchen,' aber hier hat er wahrhaft Großes geleistet.
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