1903 -
Essen
: Baedeker
- Autor: Heinecke, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
Ein Großindustrieller als preußischer Abgeordneter.
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war nun der wirtschaftlichen Übermacht Preußens gegenüber nicht mehr lebens-
fähige er verband sich im Jahre 1833 mit dem preußischen Verein, und so
war die Grundlage für den deutschen Zollverein geschaffen. Huf feinem
Banner stand: Freiheit des Verkehrs im Innern und ein mäßiger
Schutz gegen die Überfüllung dermärkte durch auswärtige
Erzeugnisse. Unter diesem Banner hat sich, unterstützt durch die gesteigerte
Ausbildung der Gewerbetreibenden, die ganz besonders von König Friedrich
Wilhelm Hi. lebhaft gefördert wurde, eine nationale Industrie herangebildet.
Preußen hatte großherzig den Kleinstaaten die auf die Kopfzahl be-
rechneten Einnahmen zugestanden, welchen ihr Handel indessen nur selten
entsprach. So erhielt Nassau 1836—1846 aus den Zolleinnahmen 2ih Mil-
lionen Taler ausgezahlt, während es nur fts Million Taler eingenommen
hatte,- allein Preußen brachte solche Opfer um seiner deutschen Politik willen
und als Bannerträger des wirtschaftlichen Fortschritts. His in der Nacht
zum 1. Januar 1834 auf allen Hauptstraßen Deutschlands die Schlag-
bäume, vor denen sich ganze Wagenzüge angesammelt hatten, unter dem
lauten Jubel der harrenden Mengen und dem lustigen Peitschenknall der
Fuhrleute sich hoben, da ging es über die zollfreien Grenzen unaufhaltsam
dem Tage entgegen, der die Wiederaufrichtung des Deutschen Reiches
bringen mußte. Nach Goldschmidt, Wolffund dem Lesebuch für Fortbilduugß-, Fach- u. Gewerbe-
schulen herausgegeben von Leipziger Fortbildungsschuldirektoren und -Lehrern.
*148. 6in Großindustrieller als preußischer Abgeordneter.
Bis zum Jahre 1860 war ich mit wissenschaftlichen und technisch-
praktischen Arbeiten so vollauf beschäftigt, daß ich der Politik ganz fern
blieb. Die Aufforderung, mich zum Abgeordneten wählen zu lassen, hatte
ich wiederholt abgelehnt, hielt es aber im Jahre 1864 für meine Pflicht,
die ohne mein Zutun auf mich gelenkte Wahl zum Abgeordneten für den
Bezirk Solingen-Remscheid anzunehmen. Damals bildete die von der
preußischen Regierung so lebhaft betriebene Neugestaltung des Heeres die
große Streitfrage, um welche die politischen Parteien sich gruppierten. Der
Kern dieser Frage bestand in der nach dem Negierungsplane vorgesehenen
Verdoppelung des preußischen Heeres mit entsprechender Vergrößerung der
Militärausgaben. In der Tat war der Wohlstand Preußens schon damals
hinter dem der andern deutschen Staaten erheblich zurückgeblieben, da auch
nach den Befreiungskriegen die Last der deutschen Wehrkraft hauptsächlich
aus Preußens Schultern geruht hatte. Man wußte zwar, daß König
Wilhelm schon als Prinz von der Notwendigkeit überzeugt war, den Staat
Friedrichs des Großen an die Spitze Deutschlands zu stellen ; aber man
zweifelte an der Durchführbarkeit seines planes. Der Glaube an den ge-
schichtlichen Beruf des preußischen Staates, die Einigung Deutschlands her-
beizuführen, der Glauhe an Preußens Glücksstern war zu tief gesunken.
Auch die eifrigsten Schwärmer für Deutschlands Einheit und Größe, ja
selbst echt preußische Patrioten hielten es deshalb mit ihrer Pflicht nicht
für vereinbar, Preußen diese neue, fast unerschwinglich scheinende Militär-
last aufzubürden. Die Volksvertretung verwarf zum großen Teil, aller-
dings mit schwerem Herzen, den Entwurf der Negierung, und bei wieder-
holten Auflösungen des Abgeordnetenhauses bestätigte das Volk durch die
Neuwahlen diese Entscheidung.