1903 -
Essen
: Baedeker
- Autor: Heinecke, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Die deutsch Flotte.
lassen, daß aber die Bereitstellung einer tüchtigen Kriegsflotte neben
Geld auch Zeit erfordert. Da die in der Hast geschaffene Reichs-
flotte weder Kriegs- noch lebensfähig war, so mußte der Bundestag
ihre Auflösung beschließen. Einige Schiffe fanden Käufer; Preußen
übernahm zwei Fahrzeuge, und der Rest der Schiffe mußte öffent-
lich versteigert werden.
Nachdem die deutsche Reichsflotte ein so klägliches Ende ge-
nommen hatte, beauftragte König Friedrich 'Wilhelm Iv. von
Preußen den Prinzen Adalbert, zur Verteidigung der Ostseeküste
geeignete Schritte zu tun. Es wurde beschlossen, eine preußische
Küstenflottille zu bilden, die im Kriege auch der Verteidigung des
ganzen Reiches zu gute kommen sollte. Auch erwarb der König
zur Anlage eines Kriegshafens von Oldenburg den Jadebusen. Seit-
dem wuchs die preußische Marine langsam, aber stetig an. Allein
auch i. J. 1864 vermochte sie nicht der dänischen Flotte wirksamen
Widerstand zu leisten, so daß von letzterer die preußischen Ostsee-
küsten blockiert wurden.
Die Verfassung des Norddeutschen Bundes schuf eine
Bundes-Kriegsmarine unter dem Oberbefehl des Königs von
Preußen, und am 1. Oktober 1867 wurde an Stelle der alten
preußischen Flagge die neue, jetzt noch gültige Kriegsflagge gehißt.
Auf die Marine konnten jetzt größere Geldmittel verwandt werden,
und ganz besonders wichtig für ihre Entwickelung war es, daß
Preußen seit 1866 im Besitze des Kieler Hafens war, und daß nach
fleißiger, zäher Arbeit der Kriegshafen an der Jade eröffnet wurde.
König Wilhelm taufte den Platz am 17. Juni 186g „Wilhelmshaven“.
Trotzdem war die junge Flotte im deutsch-französischen Kriege
nicht im stände, die Blockade unserer Küsten zu verhindern. Der
Seeverkehr war völlig abgeschnitten; unsere Handelsflotte war ge-
lähmt, und viele Handelsschiffe wurden von feindlichen Kreuzern
als Prisen aufgebracht. Daß die feindliche Flotte unsere Küste nicht
angriff, kann nur dadurch erklärt werden, daß der Landkrieg schon
kurz nach der Kriegserklärung eine für Deutschland erstaunlich
günstige Wendung nahm. Aus den in diesem siegreichen Kriege
gemachten Erfahrungen hat sich ergeben, daß Deutschland eine
starke Angriffs flotte braucht, die den Feind von der Küste
zu vertreiben vermag.
2. Zu den wichtigsten Aufgaben, welche das neue Deutsche
Reich zu lösen hatte, gehörte daher der Ausbau einer Reichs-
Kriegsflotte, welche mit dem Landheere vereint ihren vor-
nehmsten Zweck, den Schutz des deutschen Landes gegen die An-
griffe feindlicher Mächte, erfüllen konnte.
Neben der Landesverteidigung fällt der Kriegsflotte der Schutz
des Handels und der vom Handel bewegten landwirtschaftlichen und
industriellen Güter zu (s. Nr. 126, 12g). Gar mannigfaltig sind unsere
Beziehungen zu fremden Ländern; zahlreiche Produkte und Lebens-
rnittel, welche der heimische Boden gar nicht oder in nicht ge-
nügender Menge hervorbringt, beziehen wir vom Auslande, welches
von uns wiederum mit Produkten unseres Landes, mit Werkzeugen
und Maschinen versehen wird. Neben Kaffee, Petroleum, Gewürzen,