1878 -
Braunschweig
: Vieweg
- Autor: Jütting, Wübbe Ulrich, Vorbrodt, Franz
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Inhalt: Zeit: Alle Zeiten
- Geschlecht (WdK): Jungen
- Konfession (WdK): offen für alle
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Der Mensch und die Naturkrüfte.
Aber nicht im Glase, Harze, Schwefel und in der Seide allein sind die beiden
Elektricitäten vorhanden, sie befinden sich in jedem Körper: in Erde und Wasser,
Luft und Steinen, Pflanzen, Thieren und Menschen, nur daß sie sich nicht in allen
Körpern auf gleich leichte Weise trennen und bemerkbar machen lassen. Sie sind
auch vorhanden in den Wolken und trennen sich dort, besonders im Sommer, oft
von einander. Ob die Wärme, das Verdunsten des Wassers oder das Tropfbar-
werden des Wasserdampfes, oder aber, ob die Luftströmungen und vielleicht durch
dieselben herbeigeführte Reibungen die Trennung der beiden Elektricitäten veranlaßt,
wissen wir nicht genau. Vielleicht wirken mehrere Ursachen gemeinschaftlich. Mit-
unter santtnelt sich eine Art Elektricität in der einen Wolke und die andere Art
in einer andern. Nähern sich nun beide Wolken, so vereinigen sich die getrennten
Kräfte. Der große Funke, welcher sich hierbei zeigt, ist der Blitz, der dabei hör-
bare Knall ist der Donner, der bekanntlich auf dieselbe Weise entsteht, wie das
Klatschen einer Peitsche und wie der Knall einer Kanone. Hat sich die eine der
getrennten Elektricitäten in der Erde gesammelt, so springt der Funke aus der
Wolke zur Erde, und man pflegt zu sagen, der Blitz hat eingeschlagen.
Hin und wieder bemerkt man, daß auf Häusern ein oder zwei senkrecht empor-
steigende Eisenstangen mit vergoldeten Spitzen angebracht und über beide Seiten
des Daches hinweg an dem ganzen Gebäude herunter in die Erde geleitet werden.
Das sind Blitzableiter, durch welche man die Gebäude vor dem Einschlagen des
Blitzes schützt. Aber wie soll eine solche Stange ein Schutz gegen die furchtbar
zuckenden, zermalmenden Blitze sein? Höre!
Ein kluger Mann in Amerika, Namens Franklin, machte einst einen großen
Drachen, eben so einen, wie ihn die Knaben im Herbste steigen lassen, dessen
Spitze oben von Eisen war und der unten in einen eisernen Draht endigte,
welcher statt des Bindfadens bis zur Erde reichte. Diesen Drachen ließ er während
eines Gewitters emporsteigen, und siehe, sobald die Gewitterwolken sich ihm näherten,
fuhren die feurigen Blitze an dem Drahte hinab in die Erde. Bei solch' einem
Versuche wurde einmal ein unvorsichtiger Mensch erschlagen. Dieses Her-
abgleiten der Blitze brachte Franklin auf die schöne Erfindung der Blitzableiter.
Metallene Spitzen haben die Eigenschaft, die Kraft, aus welcher die Blitzstrahlen
entstehen, der Gewitterwolke, die über dem beschützten Gebäude steht, langsam zu
entziehen, so daß die Entladung ohne Blitz geschieht. Wenn aber dennoch ein
Blitzstrahl auf das Gebäude herabschießt, so wird er durch die Spitze der eisernen
Stange angezogen und, ohne Schaden zu thun, in die Erde geleitet. Der Blitz
führt gern in erhabene Gegenstände; daher darf man sich während eines Ge-
witters nicht unter einen Baum stellen, vor allem nicht unter einen Eichenbaum;
denn je härter das Holz, desto besser dient es dem Blitze zur Herableitung in die
Erde. Zu Hause meide man die Nähe des Ofens und die Zugluft, unterwegs
aber gehe, fahre und reite man langsam, oder steige lieber ab und halte sich mög-
lichst fern von Pferd und Wagen.
H. Wagner.