1910 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Gehrg, Hermann, Stillcke, Fr., Helmkampf, Adolf, Krausbauer, Theodor
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1909
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Ländlich-gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
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Iv. Bei der Arbeit.
beobachtet man die Entwickelung der Blätter, auf die es ja dem Tabak-
pflanzer ankommt. Ist ihre Zahl so groß geworden, wie es für die
beabsichtigte Verwendung zweckmäßig scheint, d. h. sind, von den untersten
Blättern abgesehen, etwa 6—12 Stück angesetzt, so wird der Haupttrieb
der Pflanze abgebrochen, ebenso werden auch Nebeutriebe entfernt. Dieses
Köpfen und Geizen hat zur Folge, daß die wenigen stehen gebliebenen
Blätter um so vollkommener ernährt und ausgebildet werden. Die
Sonne muß nun das Ihrige tun, die Blätter zur Äusreifung zu bringen.
Verfärben sie sich, werden sie zäh, schlaff, klebrig, so ist 'die Zeit der
Ernte gekommen, die bei uns etwa in den September fällt. Die unteren
Blätter, die Sandblätter, werden zuerst fortgenommen, später die mittleren,
wieder nach einer Pause die oberen, besten Blätter. Die Ernteware
wird an den Mittelrippen auf Stäbe oder Schnur aufgereiht, an
passenden, geschützten Stellen, an der Hauswand, auf besonderen lüftbaren
Speichern, sorgsam getrocknet und ist dann zum Verkauf an die Fabriken
fertig. Der Ertrag kann auf 1u ha aus etwa 5—12 Zentner getrocknete
Ware geschätzt werden.
4. Damit ist die Arbeit des Tabakpflanzers beendet, und es be-
ginnt die Tätigkeit des Fabrikanten. Er sortiert die Blätter nach ihrer
Brauchbarkeit und Güte, unterwirft sie einem verwickelten Gärungs-
prozeß, durch den sich in dem Tabak erst der eigenartige Geruch und Ge-
schmack entwickelt, und stellt nun aus der Rohware die verschieden-
artigsten Erzeugnisse her, zahllose Qualitäten Zigarren in allen möglichen
Größen und Formen, Rauchtabak in Rollen und geschnitten, Schnupf-
tabak und Kautabak. So bietet der Tabak, bevor er in die Hände
des Konsumenten übergeht, noch zahlreichen, fleißigen Arbeitern dauernden
und lohnenden Verdienst. vr. Helmkampf.
144. Aom Anbau des Weinstocks.
1. Unter den Gewächsen, die in Deutschlands Grenzen im großen,
feldmäßig angebaut werden, nimmt der Weinstock eine Sonderstellung
ein, weil das Gelingen seiner Kultur vollkommen von klimatischen
Verhältnissen sowie von der Oberflächengestaltung des Bodens abhängig
ist. Nur einzelnen, auserwählten Gegenden ist es vorbehalten, das
kostbare Gewächs zu kultivieren. Wir wissen, daß von der gesamten
benutzten Bodeufläche nur 0,2 °/0 sich zum Weinbau eignen; davon
wurden 1908 etwa 116768 ha bebaut. In diese Fläche teilen sich
im wesentlichen südliche und westliche Teile unseres Vaterlandes. Obenan
steht Elsaß-Lothringen mit 30020 ha; es folgen Bayern mit 22040 ha,
Württemberg mit 16238 ha, Baden mit 17131 ha; das Rheinland
weist 13000 ha auf, Hessen 13422 ha; daran erst schließt sich Hessen-
Nassau mit etwa 3500 ha an, endlich Schlesien mit 1000 ha. Was die
übrigen Gegenden erzeugen, spielt keine große Rolle mehr. Wir er-
kennen daraus, daß der Weinbau unter rauherem Klima, wie es im
nördlichen und östlichen Deutschland herrscht, versagt. Aber auch in
den klimatisch bevorzugten Gegenden gelingt seine Kultur keineswegs