1910 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Gehrg, Hermann, Stillcke, Fr., Helmkampf, Adolf, Krausbauer, Theodor
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1909
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch
- Schultypen (WdK): Fortbildungsschule
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Ländlich-gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
2. Im Vaterlande.
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156. Kewerötiche Tätigkeit in Westfalen und Rheinland.
1. Über Herford und Bielefeld, die Hanptorte der berühmten
westfälischen Leinenindnstrie, über Hamm und Dortmund führt uns
die Eisenbahn nach Bochum und Essen. Hier befinden wir uns im
Mittelpunkte der rheinisch-westfälischen Eisenindustrie. Ringsum heben
sich ranchende Schlote zum Himmel empor. Die Feuerflammen der
Hochöfen leuchten weit in die Nacht hinaus. Das Sausen ungezählter
Maschinen, das donnernde Getöse der Dampfhämmer, die mit gewaltiger
Wucht auf die glühenden Eisenmassen niederfallen, erfüllt die Luft.
Eisenbahnen durchziehen in verwirrender Menge das Land, oft dicht
nebeneinander herlaufend, oft sich verzweigend und kreuzend und wichtige
Verkehrsmittelpunkte bildend. In den Kreisen Bochum und Dortmund
sowie in dem angrenzenden Kreise Recklinghausen beschäftigen sich
Tausende von Arbeitern mit der Förderung von Steinkohlen, die hier
die Erde in schier unerschöpflicher Fülle darbietet. Andere Tausende,
zum Teil in denselben, zum Teil in weiter südlich gelegenen Kreisen
bis nach Siegen hinauf, betreiben die Gewinnung und Aufbereitung
der Eisenerze. Auf dem Eisen- und Kohlenreichtnme beruht die ge-
waltige Industrie dieser Gegend, besonders das Eisen- und Stahlgewerbe,
das neben Werkzeugen und Waffen, Eisenbahnschienen, Brücken, Kanonen,
Panzerplatten und Stahl, auch Eisen zur Maschinenfabrikation, Draht
und Bleche zu mannigfaltigen Erzeugnissen liefert.
2. Weit über Deutschlands Grenzen hinaus kennt man Essen,
seine berühmte, von keinem Orte der Welt übertroffene Gnßstahl-
fabrikation und seine Kanonen und Panzerplatten. Auf allen Seiten
von Schienensträngen umgeben, werden den Fabriken in der Stadt und
in ihrer Umgegend jeden Tag viele Tausend Zentner Roheisen und
Kohle zugeführt, und jeden Tag wandern andere Tausende von Zernern
Stahl und Eisen in mannigfaltigen Formen, geeignet zum Eisenbahn-,
Maschinen- und Schiffsbau, wandern Träger und Platten, geschmiedete,
gegossene, gewalzte und gezogene Metallmassen hinaus, der Welt Zeugnis
ablegend von dem Unternehmungsgeiste, dem Scharfsinn und dem Fleiße
der deutschen Industrie.
3. Ein wichtiger Ort für die Eisen- und Stahlfabrikation ist auch
Hagen, mitten in einem Netze vielverschlungener Bahnen gelegen. Auch
hier trifft man Pnddel- und Walzwerke, Gnßstahlfabriken für Eisen-
bahnzwecke, Fabriken für Eisen-, Blech- und Stahlwaren aller Art,
daneben auch Spinnereien und Webereien für Wolle und Baumwolle.
In dem benachbarten Iserlohn, einem der ältesten und bedeutendsten
Fabrik- und Handelsplätze Westfalens, erzeugt man Messing- und
Bronze-, Neusilber-, Nickel- und Britanniawaren, Reit- und Fahr-
geschirrbeschläge, vor allen Dingen Nähnadeln, für deren Herstellung
Iserlohn die größte Fabrik auf dem europäischen Festlande besitzt.
Auch eine Stahlfederfabrik besteht in Iserlohn, die den sonst in
Deutschland durchweg gebrauchten englischen Federn erfolgreich Kon-
kurrenz macht.
Gehrig.hclmkampf.krausbauer.stincke, Lese-u. Lehrbuch. 2. Aufl. 19