1913 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): Jungen
18
Ii. Abschnitt
ordneten Verlaufe gehemmt. Große Mengen alkoholischer Getränke
verursachen bekanntlich Übelkeit, Erbrechen und andere Erscheinun-
gen, welche als Anzeichen eines akuten (plötzlich auftretenden) Ma-
genkatarrhs anzusehen sind. Daß ein Gläschen Branntwein gegen
Magenschmerzen geholfen habe, beruht auf Selbsttäuschung. Der Al-
kohol lähmt die Empfindungsnerven des Magens und stumpft sie
vorübergehend ab; dadurch tritt zwar augenblickliche Erleichterung
ein; aber bald kehren die Beschwerden in verstärktem Maße wieder.
So kann der Alkohol auch nur auf Kosten der Gesundheit das Hun-
gergefühl unterdrücken.
Aus dem Magen gelangt der genossene Alkohol auch in den
Blut ström und mit dem Blute zugleich in alle Gewebe des
Körpers, besonders auch in das Gehirn. Auch hier zeigt er seinen
verheerenden Einfluß, der sich um so schneller und heftiger offen-
bart, je stärker das Getränk an Alkohol ist, und je häufiger es ge-
nossen wird. Der Berauschte ist nicht Herr seiner selbst, er hat seine
Worte und Taten nicht mehr in der Gewalt, er sündigt wider gute
Sitte und Gesetz.
Die Nerven, welche die Fähigkeit haben, die Blutgefäße in ge-
wisser Spannung zu erhalten, verlieren infolge des Alkoholgenusses
diese Fähigkeit teilweise. Die Adern erschlaffen, erweitern sich und
werden mit Blut überfüllt. Das Blut steigt dem Trinker zu Kopfe,
das Gesicht, die Nase, die Haut röten sich. Es tritt vermehrte Wärme-
abgabe ein, mit welcher naturgemäß auch vermehrte Abkühlung und
Abnahme der Körperwärme verbunden sind. Es stellt sich zwar nach
Ermüdung und Abspannung durch die Aufnahme geistiger Getränke
in den Körper das täuschende Gefühl von Wärme ein. Dabei erfolgt
eine gewisse Erregung, und für ganz kurze Zeit steigert sich die kör-
perliche Leistungsfähigkeit. Allein die Erfahrung lehrt auch, daß die-
ser Anregung bald ein um so größerer Abfall der Körperkraft folgt.
Treffend hat man den Genuß und die Wirkung des Alkohols mit den
Peitschenhieben verglichen, welche rohe Fuhrleute ermatteten Pfer-
den statt stärkenden Futters geben. Das gepeitschte Zugtier bricht
nicht selten unter den Hieben vollends zusammen und verendet.
Ähnliches kann man als Wirkung des Alkohols täglich sehen. Die
lallende Sprache, die Unsicherheit der Bewegung, die schwankende
Haltung des Trinkers sind Anzeichen des Erschlasfens der Muskeln.
Diese versagen nicht selten ganz den Dienst. Der Berauschte stürzt
wie gelähmt zu Boden und bleibt regungslos liegen. Ja, der Alkohol
wirkt, wenn eine große Menge eines stark alkoholhaltigen Getränkes
schnell getrunken wird, wie ein scharfes Gift geradezu oft tödlich. Er
lähmt das Gehirn, das Rückenmark, das Herz. Nicht selten ereignet
es sich, daß nach Wetten, bei denen aus Prahlsucht oder aus Un-
kenntnis der Schädlichkeit von starken geistigen Getränken große
Mengen derselben schnell hinuntergetrunken werden, der Säufer auf
der Stelle tot zusammenbricht.
2. Nicht gleich schnell übt der fortgesetzte Alkoholgenuß auf alle