1913 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): Jungen
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Iii. Abschnitt
dener Tierchen, namentlich bohrende Muscheln, Krebse und Wür-
mer verborgen. Und welche Fülle unsichtbaren Lebens enthüllt
uns erst das Mikroskop! Welcher Reichtum merkwürdiger Ent-
deckungen harrt hier noch zukünftiger Zoologen, denen das Glück
beschieden ist, Monate und Jahre hindurch an diesen Korallen-
küsten zu verweilen!"
Wer diese 8childerung gelesen hat, sieht das Korallenriff un-
seres Westfälischen Kalkgebirges, das die Forscher aufgefunden
haben, mit anderen Augen an. Die starren Felsen unserer Heimat
beleben sich wieder mit allerlei Getier. Sie zeigen wieder die Far-
benpracht, mit der sie vor Millionen von Jahren geschmückt waren,
zeigen wieder das vielgestaltige Tierleben, dem sie ihre Entstehung
verdanken.
Ernst Zimmermann-Schwelm.
42. Ein uraltes Korallenriff auf Blieinisch-
Westfaliscliem Boden.
1. Südlich von dem Ruhrkohlengebiete zieht sich ein langer,
schmaler Kalksteinzug vom Neandertal bei Düsseldorf über Elber-
feld, Barmen, Schwelm, Hagen, Hohenlimburg, Iserlohn und weiter
nach Osten bis über Brilon hinaus. In der ganzen Ausdehnung
des Zuges zeigen die Kalkfelsen überall die gleichen Eigentümlich-
keiten. Die Gesteinsmassen bilden übereinanderliegende, deutlich
geschichtete Lagen. In den einzelnen Schichten findet sich eine
große Menge von wundersamen Steingebilden. Viele dieser selt-
samen Gebilde gleichen vollständig Korallenstöcken, wie solche von
Seefahrern aus südlichen Meeren mitgebracht werden. — Hier sieht
man, wie steinerne Stämme, Äste und Zweige den Felsen durch-
dringen, dort erblickt man ein dichtes Gewirre von steinernem
Rankenwerk. Hier zeigt die Oberfläche der Zweiglein eine feine
Streifung, dort ist dieselbe dicht mit Poren übersät. Hier er-
innert die Zeichnung auf der Oberfläche an Pflanzenzellen oder
an die Zellen der Bienenwaben, dort lugen gar zierliche Becher-
ehen wie Blütenkelche aus dem Gesteine. Zuweilen sind die
Korallenzweige überzogen mit den zarten Röhrchen der Flöten-
koralle (Aulopora). Mächtige Stöcke bildet die Stromatopora oder
Teppichkoralle. Ganze Felsenschichten scheinen vollständig aus
Korallen zu bestehen. Offenbar ist der ganze, lange Kalksteinzug
nichts anderes als ein Korallenriff. (Vgl. die Abb. 20, 21 und
22 S. 100.)
2. „Aber Korallenriffe entstehen doch nur im Meere", höre
ich sagen. „Sollte einst das Meer den Boden bedeckt haben, auf
dem jetzt dies Kalkgebirge lagert?" So muß es gewesen sein!
Zur Zeit, als das Riff sich bildete, ragte wahrscheinlich das
heutige Sauerland als Insel aus dem Wasser eines großen Ozeans
hervor. Unzählige kleine Polypen von verschiedener Gestalt und
Größe — einige kaum so groß wie der Kopf einer Stecknadel.