1913 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): Jungen
104
Iii. Abschnitt
und Wasserdampf, verschwindet also für das Auge. Vermoderung findet
bei Absperrung, Verwesung bei Zutritt von Luft statt.
Während Vermoderung und Verwesung auch bei gewöhnlicher oder
wenig erhöhter Temperatur vonstatteu gehen, kommen zwei entsprechende
Vorgänge, Verkohlung und Verbrennung, bei erhöhter Tempe-
ratur zustande. Der Erfolg ist aber derselbe für Vermoderung und Ver-
kohlung einerseits, für Verwesung und Verbrennung andererseits.
Die Pflanzenfaser besteht aus Kohlenstoff, Wasserstoff und Sauer-
stoff. Der Sauerstoff geht am schnellsten, der Wasserstoff langsamer und
der Kohlenstoff am langsamsten fort. Daher ist der sich bildende Torf
reicher an Kohlenstoff als die Pflanzenfaser, ans der er gebildet war. Wäh-
rend die gewöhnliche Pflanzenfaser ungefähr zur Hälfte Kohlenstoff be-
sitzt, ist im Torfe bereits ein Gehalt von mindestens 54 o/o und selbst dar-
über hinaus vorhanden.
2. Nun wollen wir uns in ältere Zeiten versetzen, wo noch kein
Mensch den Pflanzenwuchs störte. Da wuchsen auf feuchten Stellen am
flachen Ufer mächtige Bäume, die niemand fällte. Sie wuchsen so lange,
bis ihrem Leben durch Alter oder Sturm oder Erdbeben ein Ende bereitet
wurde. Dann fielen sie um, wurden von Moos und Gras bedeckt, von
Wasser überflutet. Dieses schwemmte Ton und Sand darüber und bewirkte
Luftabschluß. So entstand in einer Zeit, die wir die der Tertiärformation
nennen, die Braunkohle. Gerade in Mitteldeutschland z. B. war zu
jener Zeit offenbar eine dazu besonders geeignete, ganz flache Meeres-
küste vorhanden. Da wuchsen Bäume, die den Zypressen oder anderen
Nadelbäumen ähnlich waren. Die Einschlüsse des Bernsteins, eines aus
diesen Bäumen ausfließenden Harzes, geben iut§ vortreffliche Aufschlüsse
über tierisches und pflanzliches Leben jener Zeiten.
Noch viel älter als die Braunkohle ist der Brennstoff, den wir
Steinkohle nennen. Enthielt die Braunkohle durchschnittlich schon 70<y0
Kohlenstoff, so umfaßt die Steinkohle im Durchschnitt 83 o/o. Die Stein-
kohle ist ebenfalls nichts weiter als ein durch Vermoderung entstandener
Brennstoff. Aber als die Steinkohle sich bildete, waren die Verhältnisse
auf unserer Erde doch erheblich anders als jetzt. Das Erdinnere strahlte
noch soviel Wärine aus, daß der Unterschied in den Temperaturen zwischen
den Polen und dem Äquator kaum nennswert war. Überall herrschte eine
warme, feuchte Luft, in der eine Menge von Pflanzen ausgezeichnet ge-
dieh, welche jetzt nur in den Tropen wachsen würden. (S.abb. 10, S. >80.)
Diese Pflanzen, deren gut erhaltene Abdrücke wir noch heutigentages in
den Gesteinsschichten finden, die der Steinkohle benachbart sind, sind erstens
einmal bärlappartige Gewächse, Sigillarien genannt, ferner baumartige,
kletternde Farne, ähnlich denen, die man in botanischen Gärten sieht, und
mächtige Schachtelhalme. Diese drei Arten von Gewächsen gediehen in
dichten Wäldern, fielen, wenn sie ausgewachsen waren, zusammen und
bildeten im Laufe der Jahrhunderte (man nimmt 10 Millionen Jahre an)
jene ungeheuren Lager der Steinkohle, welche für die ganze Industrie,
aber besonders für den Eisenhüttenmann die wichtigste Grundlage bilden.
Glücklich das Land, welches viele Steinkohlen besitzt! Deutschland ist daran