1913 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): Jungen
Aus dem praktischen Betrieb des Bergbaues
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hauptsächlich an der Bildung der Steinkohle beteiligt sind, aufgehört hatte.
An ihre Stelle ist eine Pflanzenwelt getreten, die eine Mannigfaltigkeit
der Arten zeigt, wie wir sie heute nur in wärmeren Ländern finden. Das
ist ein Beweis dafür, daß damals in Mitteleuropa ein anderes Klima
geherrscht hat als heute. Darauf weiß auch die große Anzahl immer-
grüner Gewächse, sowie verschiedener Palmenarten hin, die wahrschein-
lich unserem heutigen, langandauernden Winter nicht widerstanden haben
dürften. Neben ihnen finden wir Bäume, die zwar auch ein wärmeres
Klima verlangen, als es augenblicklich nördlich der Alpen herrscht, die
aber auch in unserer Zeit noch dem südlichen Teil der gemäßigten Zone
angehören, und deren nächste Verwandte in den Mittelmeerländern, in
Kleinasien, Persien, China, Japan, sowie im südlichen Teil der Ver-
einigten Staaten fortleben. Dahin gehören vor allem Lorbeerbäume,
Myrten, Zypressen usw. Auch Gewächse, die noch heute in unseren Län-
dern vorkommen, wie z. B. Erle, Weide, Birke, Buche, sowie der Ahorn
sind nachweisbar an der Bildung der Braunkohle beteiligt, außerdem
eine Reihe nicht mehr lebender Pflanzen, z. B. Cordaiden als Übergangs-
formen zwischen Palmen und Nadelhölzern, sowie eine große Anzahl von
Sumpf- und Strauchgewächsen. Aus dieser Pflanzenwelt einer vorge-
schichtlichen Zeit iß nun durch Verkohlung die Braunkohle entstanden,
ähnlich wie noch heute auf künstlichem Wege die Holzkohle in den Mei-
lern erzeugt wird. Nachdem die mächtigen Baumriesen infolge ihres Alters
oder durch Sturm und Erdbeben gestürzt waren, mußten sie, um erhalten
zu werden, sorgsam von der Außenluft abgeschlossen werden. Moos und
Gras bedeckten die gesunkene Pflanzenwelt, die durch das überflutende
Wasser mit Saud und Ton überschwemmt wurde. So konnte sich unter
Luftabschluß, begünstigt durch den Druck per höhergelegenen Schichten,
die Umwandlung der in der Hauptsache aus Kohlenstoff, Wasserstoff und
Sauerstoff bestehenden Pflanzenwelt vollziehen. Da bei der Verkohlung
sich der Sauerstoff zunächst mit Wasserstoff zu Wasser verbindet, dann
Sauerstoff mit Kohlenstoff in Verbindung tritt, wobei Kohlensäure ent-
steht, so leuchtet ein, daß der Vorgang zunächst auf Kosten des Sauer-
stoffes, dann des Wasserstoffes vor sich geht, während sich der Kohlen-
stoff relativ anreichern muß, und zwar um so mehr, je länger die Um-
wandlung gedauert hat. Während die Pflanzenfaser etwa zur Hälfte Koh-
lenstoff enthält, besitzt die Braunkohle in getrocknetem Zustande schon
70 o/o, die Steinkohle sogar 83 °/o Kohlenstoff.
Die rheinische Braunkohle wird nur in Tagebauen gewonnen. Zu
dem Zweck wird zunächst das aus Ton oder sandigem Kies bestehende
Deckgebirge durch Bagger abgeräumt. Durch die Bagger werden Eimer,
welche die Form von hohlen Schaufeln haben und an Gelenkketten be-
festigt sind, hochgezogen. Die auf diese Weise gehobenen Massen werden
selbsttätig in Wagen von Feldbahnen gestürzt, die beit Abraum zunächst
auf besondere Halden fahren, bis durch die Kohlengewinnung im Tage-
bau Raum zum Verstürzen desselben frei geworden ist. Der Bagger steht
auf Schienen und bewegt sich an dem leeren Zug entlang, wobei ein
Wagen nach dem anderen gefüllt wird. Beim Abbau der Braunkohle,