1913 -
Leipzig [u.a.]
: Teubner
- Autor: Gehrig, Hermann, Sonnenschein, A., Oldenburger, G.
- Jahr der Erstauflage_wdk: 1905
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Bergmännische Schule, Hüttenmännische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): Jungen
Hüttenwesen
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es sich jedoch bald herausstellte, daß der Phosphorgehalt des Roh-
eisens durch das neue Verfahren nicht entfernt werden könnte, das
lothringische Eisenerz aber stark phosphorhaltig ist, so vermochte
das Bessemer-Verfahren auf die Eisenindustrie Lothringens
vorerst keinen günstigen Einfluß auszuüben. Irn Gegenteil, die
Eisenwerke Lothringens wären durch dasselbe sogar dem sichern
Untergange ausgeliefert worden, da eine Konkurrenz des Schweiß-
bzw. Puddeleisens mit dem Bessemer-Flußeisen gänzlich aussichts-
los erschien, wenn nicht einige Jahre später, 1877, ein anderer
Fachmann, und zwar ebenfalls ein Engländer, ein Verfahren er-
sonnen hätte, nach welchem die Entphosphorung des Eisens er-
möglicht wurde. Dieser geistreiche Mann war Sidneygilchrist
Thomas. Wohl noch nie hat ein Erfinder seinem Vaterlande so
schweren Schaden zugefügt und gleichzeitig dem Auslande so wert-
volle Dienste geleistet, wie dieser geistvolle Mann, den in noch
jungen Jahren der Tod ereilte. Gerade Deutschland hat von seiner
Erfindung den größten Nutzen gehabt. Denn von der 1910 in
Deutschland erzeugten Flußeisenmenge von 13,3 Millionen Tonnen
enthalten auf Thomaseisen über 97 o/o, nämlich über 13 Millionen
Tonnen, also weitaus die Masse der deutschen Erzeugung. Beson-
ders Lothringen gewann durch die neue Erfindung ; denn nun war
die schon stark entwertete phosphorhaltige Minette mit einem
Schlage wieder ein wertvolles Eisenerz geworden, das trotz seiner
verhältnismäßig geringen Haltigkeit gegenüber anderen Erzen
noch Vorzüge auf wies, da es ein sogenanntes selbstgehendes Erz
war. Schon 1882 führte de Wendel dieses sogenannte basische
Verfahren in seine Werke ein, und von da an datiert der Auf-
schwung und die Entwickelung der lothringischen Eisenindustrie,
wie sie vorher niemand zu ahnen gewagt hätte.
3. Und noch viel gewaltiger würde sich der Aufschwung ge-
staltet haben, wenn die Hoffnungen, die man auf das Wiederauf-
blühen des Steinkohlenbergbaues im Reichslande gesetzt hatte, in
Erfüllung gegangen wären. Aber leider mußten die mehrfach un-
ternommenen Versuche, den Kohlenbergbau wieder zu bele-
den, im Elsaß wieder eingestellt werden, weil er sich nicht bezahlt
macht. In Lothringen kam zwar der Kohlenbergbau nach man-
cherlei vergeblichen Versuchen in der zweiten Hälfte des vorigen
Jahrhunderts in Gang, jedoch liegen die geologischen Verhältnisse
insofern ungünstig, als die Hochebene von mehreren ausgedehnten,
in der Richtung Südwest-Nordost verlaufenden Verwerfungen
durchsetzt ist, längs deren im allgemeinen die nordwestlichen
Schollen abgesunken sind. Die in diesen Gesteinschichten einge-
betteten Kohlenflöze liegen ziemlich 1000 Meter tiefer als diejeni-
gen, welche in dem flachen Sattel von Buschdorn so nahe an der
Oberfläche hinstreichen, daß an einen erfolgreichen Abbau gedacht
werden konnte. Von Gruben sind besonders die in Klein-Rös-
seln sowie in Spittel und in St. Avold zu nennen. Die Gesamt-