1912 -
München [u.a.]
: Oldenbourg
- Autor: Kracher, Fritz, Baier, Hans
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Kaufmännische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
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79. Heinrich Schliemann.
hat, auf Völlig sagenhafter Grundlage beruhten. Es wurde sogar
angezweifelt, ob die Stadt Jlios je wirklich anders als in der Vor
stellung des Dichters vorhanden gewesen sei. Da kam ein deutscher
Landsmann, Heinrich Schliemann mit Namen, der von den Helden-
gestalten der homerischendichtung von Jugend auf begeistert war,
begann mit ebenso großem Verständnis wie mit einer beispiellosen
Tatkraft an den Stätten Kleinasiens, auf denen er Troja vermutete,
Ausgrabungen anzustellen, und siehe da, was kein Gelehrter ver-
mutete oder gehofft hätte, er fand wirklich das alte Jlios wieder.
Daß er jedoch noch mehr tat und fand, das wird sein Lebensbild
zeigen. Durch ihn wurden in der Tat der griechischen Altertums-
forschung ganz neue Wege erschlossen.
Im Jahre 1890 starb der ausgezeichnete Mann. Kurz vor
seinem Tode hatte ich mich an ihn gewandt um ihm mitzuteilen,
daß ich für meine Freunde einen Abriß seines vielbewegten Lebens
schreiben wolle; obwohl bereits schwer leidend, antwortete er mir
umgehend, sprach mir seine Freude über die Absicht aus und wies
mich auf eine Schrift hin, die er selbst einst über seinen Lebenslauf
verfaßt hatte. Man bekommt sie nicht leicht zu Gesicht, denn sie
ist in seinem großen und sehr gelehrten Werk über Troja enthalten
— drum will ich sie wenigstens auszugsweise wiedergeben. Sie
ist wahrlich recht geeignet zu zeigen, wie ein gesunder, tatkräftiger
Knabe trotz der größten Hemmnisse und unter den denkbar schwie-
rigsten Verhältnissen sich zu einem ganzen Mann emporringen
und, unbeirrt e i n Ziel im Auge, im reifen Alter in kaum gehoffter
Weise dies Ziel erreichen kann.
„Ich wurde," schreibt Schliemann, „am 6. Januar 1822 in
dem Städtchen Neu-Buckow in Mecklenburg-Schwerin geboren, wo
mein Vater Prediger war und von wo er 1823 in derselben Eigen-
schaft an die Pfarrei von Ankershagen, einem in demselben Groß-
herzogtum gelegenen Dorf, versetzt wurde. Obgleich mein Vater
weder Sprachforscher noch Altertumsforscher war, hatte er ein
leidenschaftliches Interesse für die Geschichte des Altertums; oft
erzählte er mir mit warmer Begeisterung von dem tragischen
Untergang von Herkulanum und Pompes und schien denjenigen
für den glücklichsten Menschen zu halten, der Mittel und Zeit genug
hätte, die Ausgrabungen, die dort vorgenommen wurden, zu be-
suchen. Oft auch erzählte er mir bewundernd die Taten der home-
rischen Helden und die Ereignisse des Trojanischen Krieges und
stets fand er dann in mir einen warmen Verfechter der Sache
Trojas. Mit Betrübnis vernahm ich von ihm, daß Troja so gänzlich
zerstört worden, daß es ohne eine Spur zu hinterlassen vom Erd-
boden verschwunden sei. Als der Vater mir dann einmal ein Bild