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1. Lesebuch für die Volksfortbildungsschulen der Pfalz - S. 61

1908 - Zweibrücken : Kranzbühler
61 sich endlich selbst eine Speisewirtschaft oder ein Gasthaus zu kaufen oder zu pachten gedachte um dann als großer Herr zu leben. Der arme Tischlergeselle dagegen konnte es höchstens zu einer beschei- denen eigenen Werkstatt bringen, wo er zeitlebens hobeln und bohren, sägen und nageln mußte um sein karges tägliches Brot zu verdienen. Nein, was Heinrich Hacker konnte, das konnte er auch! Friedrich Breitkopf ließ noch einmal den Hobel kräftig über sein Brett hin- gleiten, warf ihn dann auf die Hobelbank und rief: „Meister, ich mache Schicht!" Meister Wernthal glaubte seinen Ohren nicht trauen zu dürfen. Er blickte verwundert auf den Gesellen und fragte langsam: „Du willst fremd werden?" „Jawohl, Meister," erwiderte Friedrich trotzig, „ich habe das Hundeleben satt; ich kann etwas Besseres werden und hänge den Tischler an den Nagel. Geben Sie mir meinen Fremdenzettel und meinen Lohn, wenn Sie wollen!" „Hm, hm," brummte Meister Wernthal noch immer zweifelnd, „eigentlich -----—" „Wenn Sie mir keinen Fremdenzettel und meinen Lohn nicht geben wollen, so können Sie es bleiben lassen," fiel ihm Friedrich noch trotziger ins Wort; „dann gehe ich ohne Fremdenzettel und die paar Groschen Lohn kann ich missen!" „Nun, nun," ant- wortete Meister Wernthal, „wenn es so mit dir steht, dann will ich dich nicht halten, ’s ist freilich jetzt gerade viel zu tun; aber ich bekomme schon einen anderen Gesellen, und was deinen Lohn an- belangt, den kannst du auch bekommen." Wenige Tage später stolzierte Friedrich Breitkopf gleichfalls in Frack und weißer Weste umher, aber nicht auf dem Bahnhöfe, sondern auf dem Ausstellungsplatze vor der Stadt. Es war nämlich gerade eine Kunstgewerbe-Ausstellung für die ganze Provinz eröffnet worden und so hatte Friedrich Breitkops schnell das Ziel seiner Wünsche erreicht: er war Kellner in einem Ausstellungs-Ausschank geworden und reichlich flössen die Trinkgelder in seine Tasche. Der junge Tischlergeselle jubelte in seinem Herzen und im Geiste sah er sich schon als Gasthofbesitzer in einer glänzenden Kutsche spazieren fahren. Einmal freilich in den letzten Tagen der Ausstellung war es ihm etwas wunderlich zumute geworden. Der Meister Wernthal hatte nämlich auch ein Werkstück ausgestellt, ein kunstvoll geschnitztes Möbel aus Eichenholz, woran Friedrich Breitkopf selbst wacker mit- gearbeitet hatte. Ein Schreibtisch war es, der von vornherein die Aufmerksamkeit der Ausstcllungsbesucher auf sich gelenkt hatte.
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