1905 -
Schwerin i. M.
: Bärensprung
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch, Lehrbuch, Hilfsbuch
- Schultypen (WdK): Gewerbeschule
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbeschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
Aonkurs.
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leichtern Sie mir und den Gläubigern freilich die Abwickelung der Ge-
schäfte ganz bedeutend; wir werden also schnell zum Ziele gelangen." —
„Ls liegt mir sehr fern, meinen Gläubigern irgend welche Schwierig-
keiten zu bereiten. Ich trage schwer genug an dein Schaden, den ich
unschuldigen Menschen, wenn auch ohne böse Absicht, zugefügt habe.
Aber was Helsen alle Vorwürfe, die ich mir fortgesetzt mache! Es ist
einmal geschehen, und die Wucht der Tatsachen ist größer als die
Schönheit bunter Träume." „Ich kann sie schwerlich trösten," versetzte
cherr Schulz voll Mitleid, „aber vielleicht sehen Sie Ihre Lage zu düster
an, und die Verhältnisse sind besser, als Sie denken. Es gehört ja
zu meinen pflichten als Verwalter, die einzelnen Eintragungen j)unkt für
jdunkt nachzuprüfen. Da ist es doch nicht ausgeschlossen, daß ich zu einem
Ergebnis gelange, das für Sie wesentlich günstiger lautet als das Ihrige.
Wie ich aus dem letzten Abschluß ersehe, verbleibt als bares vermögen
immer noch eine nennenswerte Summe. Unter diesen Umständen hat
natürlich das Gericht kein Interesse daran, das Verfahren, wie es sonst
wohl getan hätte, aufzuheben; es sind ja genügend Mittel vorhanden,
die entstehenden Rosten zu decken." „Sicher," bestätigte der Meister, „und
ich hoffe bestimmt, den Gläubigern noch etwa 30—^0% ihrer
Forderungen vergüten zu können." —- „Das wird diesen bei aller Ent-
täuschung allerdings angenehm sein zu hören, denn „so viel ich weiß,
geben sich diese den trübsten Erwartungen hin." — „Überzeugen Sie sich
selbst," gab jener zur Antwort, durch die Eröffnungen des Verwalters
ein wenig ermutigt. „Ich weiß," fuhr er fort, „daß mir im Ronkurs-
verfahren auch die Verwaltung über mein augenblickliches vermögen
genommen ist. Lassen Sie, b)err Schulz, das Geschäft durch andere
weiterführen, oder verkaufen Sie es, ganz wie Sie es für gut einsehen;
ziehen Sie die Außenstände ein, und Sie werden selbst finden, daß die
Sache so schlecht nicht steht, wie meine Gläubiger Ihren Reden nach zu
fürchten scheinen." — „Es sind ja allerdings neben den Gerichtskosten
auch noch die Arbeiterlöhne und die öffentlichen Abgaben ins Auge zu
fassen, die, weil vorberechtigt, zuvor rein ausgekehrt werden müssen.
Auch dürfen Sie und Ihre Familie während der Dauer des Verfahrens
natürlich nicht ohne Mittel sein. Die Ljauptkasse wird für Sie einzutreten
haben," bemerkte der Verwalter vorsichtig. „Freilich," fiel ihm der
Meister ins Wort, „aber das alles macht zusammen nicht soviel, uni
den schließlichen Effekt in Frage stellen zu können." „Nun, dann ist es
gut," beruhigte sich der Verwalter. „Sie wissen ja nun Bescheid. Mit
deni heutigen Tage habe ich die Führung Ihres Geschäftes übernommen.
Sollten Runden kommen, um rückständige Schulden zu bezahlen, so senden
Sie sie zu mir. In den nächsten Tagen werde ich wohl noch einige
Male wiederkommen, um wegen der Inventuraufnahme, die ich für das
Gericht zu besorgen habe, mit Ihnen zu verhandeln. Seien Sie über-
zeugt, daß ich mich bemühen werde, ebenso gut die Interessen der
Gläubiger zu vertreten, wie ich die Ihrigen wahrzunehmen gedenke."
Damit nahm er seine Papiere unter den Arm und ging von dannen.