1897 -
Stuttgart
: Bonz
- Hrsg.: Württembergisch-Evangelisch Schullehrerunterstützungsverein, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): evangelisch-lutherisch
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Landwirtschaft und Gewerbe.
No. 59.
Teilen desselben nach und nach eine gewisse Menge Pslanzenmoder (Humus),
so daß höhere Gewächse, wie Moose, Gräser und drgl., darin gedeihen. Diese
befördern nun die Zerklüftung und Zersetzung weiter, indem sie mit ihren
Wurzeln immer tiefer in die Ritzen des Gesteins eindringen. Säuren aus-
scheiden und das kohlensaure Wasser ans dem Gestein zurückhalten. Sterben
diese Pflänzchen ab, so mischt sich ihre Asche von Jahr zu Jahr reicher mit
dem Felsenstaub, aus dem sie entsprossen sind; und trägt der Wind Gesäme
von größeren Pflanzen, Sträuchern und niederen Bäumen her, so ist die Erde
bereits so zubereitet, daß solche gedeihen können.
Auf diese Weise entsteht heute noch im Gebirge und überall die nährende
Erde aus verwitterndem Gestein und vermodernden Pflanzen, denen sich die
verwesenden Überreste kleinerer und größerer Tiere beigesellen; und auf diese
Weise ist alles Erdreich von Anfang an entstanden auf den öden Felsen,
welche das feste Land gebildet haben. War auch nach langer Zeit noch die
so entstandene Erdschicht nur dünn, so vermehrte sie sich doch ununterbrochen
weiter, gab immer größeren Pflänzchen, wie Heidekräutern, Farnen u. drgl.,
Nahrung, und als auch diese Geschlechter abstarben und reichlichere Ver-
wesungsreste zurückließen, konnten sich auf diesen große Gesträuche und endlich
ganze Wälder ansiedeln.
Man darf aber nicht glauben, daß alles Erdreich aus verwittertem Ge-
stein und pflanzlichen und tierischen Überresten auf der Stelle entstanden sei,
wo es nun liegt. Ein großer Teil desselben ist vielmehr bereits als Erd,
reich oder als rohes Material dazu in Form von Sand, Geröll, ja selbst
von größeren und kleineren Blöcken aus dem Hochgebirge gekommen. Und
dies geschieht noch heutzutage. Alle Gebirge sind in langsamer Zerstörung
begriffen. Was Wasser, Luft und Frost zernagt, zersprengt und aus den
Fugen gelöst haben, das führen donnernde Lawinen und tobende Bergwasfer
teilweise zuthat. Bei heftigen Hochgewittern, und besonders auch zur Zeit
der großen Schneeschmelze im Frühjahr, rieseln von allen Höhen über Felsen
und Rasen Millionen kleiner Wafferäderchen daher und führen Sand, Erde
und allerlei Geschiebe dem Bett der Bergbäche zu. Diese schwellen an,
reißen weiter Erde und Gestein von ihren Ufern mit, unterspülen die faulen
und harten Felsbünke, zermalmen auf ihrem weiten Wege ins Tiefland das
Geschiebe, das sie mit sich führen, zu Sand und Schlamm und setzen diesen
bei Überschwemmungen in den offenen Niederungen, sonst aber an ihren Ufern
und an ihrer Mündung ab. Anfangs wächst nur etwas Schilf oder niedriges
Weidengebüsch auf diesen Sand- und Thonbänken; nach und nach werden sie
zu fruchtbaren Bodenstrichen umgebildet. Man hat berechnet, daß der Rhein
alljährlich eine Sand- und Geröllmenge mit sich führt, welche eine 3 m dicke,
2 Km lange und ebenso breite Masse bilden würde.