1897 -
Stuttgart
: Bonz
- Hrsg.: Württembergisch-Evangelisch Schullehrerunterstützungsverein, ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Berufsbildung
- Geschlecht (WdK): koedukativ
- Konfession (WdK): evangelisch-lutherisch
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Geographie.
No. 107.
als Frankreich. Die Seine (Sahn) läßt sich weder an Wasserfülle noch
an Schönheit der Ufer mit der Elbe vergleichen; nirgends fließt sie
durch solche Landschaften wie die Elbe z. B. bei Dresden. Schon
daraus, daß sich in Deutschland viel mehr Gebirge verzweigen als in
dem größtenteils flacheren Frankreich, kann man schließen, wie viel
mannigfaltiger und reizvoller die Natur der Landschaften in Deutsch-
land sein muß. An dem Rhone ist's schön, namentlich bei Lyon, doch
nicht reizender als im österreichischen Donauthale, und weder Rhone
noch Loire (Loahr) dürfen sich mit dem Rheinstrom messen, dessen pracht-
volle Ufer mit Weinhügeln, Bergen, Städten und Burgruinen von den
Reisenden aller Völker Europas gern besucht und hoch gepriesen werden.
Freilich wendet der unwissende Südfranzose und der Italiener sein
Angesicht hinweg von unsrem teuren Vaterlande und schilt es nebelicht
und feucht, und der vorurteilsvolle Spanier meint gar, nur in Frank-
reich könne er es noch allenfalls aushalten; was jenseits liege, sei alles
nordisches Land ohne Sonne und Sterne. Mit Recht aber können
wir diese Leute auf England verweisen, zu dessen Nebeln sich die uns-
rigen verhalten wie zarte Schleier zu Sackleinwand. Mit Gleichmut
hüllen wir uns eine Zeit lang in unsere Rhein- und Donaunebel und
denken: „Die Sonne sieht nachher wieder um so schöner aus." Ein
stets blauer Himmel, eine ewig blitzende Sonne wie in Spanien —
kein Deutscher könnte sie ertragen.
Der schroffe, unzugängliche Engländer hat auf seiner vom Meere
umwogten Insel außer sich selbst keinen einzigen Nachbar. Der
Franzose hat nur zweierlei Nachbarn, romanische und deutsche. Wir
Deutsche aber haben fast alle Europäer zu Nachbarn: germanische,
romanische und slavische aller Art. Mit den Slaven im Osten, mit
den Russen, Polen, Böhmen, Serben, Kroaten — ja, wer nennt die
Volksstämme alle! — stehen und standen wir schon in Freundschaft und
Feindschaft. Die Italiener haben, wenn auch wider Willen, in unsere
Gemeinschaft treten müssen. Mit den Franzosen im Westen sind wir
leider in nur zu nahe Brüderschaft getreten, und im Norden haben
wir uns an Holländer und Normannen angeschlossen. Es ist keine
dieser Nationen, deren Sprache nicht entweder in ganz Deutschland oder
doch in einem Teile desselben verstanden würde; und sie können alle
zu uns kommen und irgend eine Gegend bei uns finden, in der sie
sich fast wie zu Hause fühlen können. Wir selbst aber haben reiche