1913 -
Berlin
: Mittler
- Autor: Knörk, Otto
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lehrbuch, Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Kaufmännische Schule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde
- Geschlecht (WdK): Jungen
141
Der deutsche Handlungsreisende im 20. Jahrhundert.
Der deutsche Reisende hat sich die Welt erobert. „Deutsche
Kraft und deutsches Blut, deutscher Geist und deutsches Gut" gehen
heute nicht mehr wie früher im Auslande spurlos verloren, —
wir sind nicht mehr der Kulturdünger fremder Völker — sondern
sie wirken und schaffen für die Heimat, für die wirtschaftliche Blüte
und die nationale Macht des Deutschen Reiches. Es ist uns endlich
lebendige Wahrheit geworden, daß wir unsern Platz an der Sonne
haben! Überall staunt man die Taten des deutschen Reisenden wie
Heldentaten an. Voran die Engländer.
Einst gab es die „königlichen Kaufleute" nur in England, wo
sie unter den Tudors die Gehilfen der Staatsgewalt waren und ge-
blieben sind: heute wissen auch wir, daß ein Teil der Weltregierung
dem Handel gehört, und scheel blicken die Briten auf uns. Sie
sehen, daß der deutsche Reisende sich auf einem Eroberungszuge durch
die Welt befindet. Seit wann begann denn dieser Handelskreuzzug
bis in die entlegensten Kulturländer? Englands Merchandise Bill
hat ihn im Jahre 1885 hervorgerufen. „Made in Germany!'") Zur
höchsten Überraschung sah die ganze Erde nach dem Inkrafttreten dieses
Gesetzes, daß sie bisher in gutem Glauben als englisches Erzeugnis
gekauft hatte, was zu billigerem Preise in Deutschland hergestellt war.
Die Bill hatte ihre Wirkung verloren, aber es ist charakteristisch, daß
der Verein Berliner Kaufleute und Industrieller beschlossen hat. frei-
willig das „Made in Germany" als Ehrenzeugnis beizubehalten.
Der deutsche Reisende ist nach dem fernen Morgenlande gezogen,
um den verblichenen Schild des Osmanenreiches neu zu vergolden.
Einst hatten England, Frankreich und Österreich das Monopol auf
den Märkten von Konstantinopel, Salonichi und Smyrna. Jetzt ist
der deutsche Reisende hier zu Hause wie in den Bazaren von Teheran,
wie in den großen Handelshäusern von Bagdad, ja an allen Handels-
plätzen des miedererwachten Kleinasien, das einst die persischen Satrapen
zu Macht und Ansehen gebracht hatten, ünd auch die neue Well
hat sich deu Reisenden Deutschlands erschlossen. Wer die Verhand-
lungen der Konferenz für Auswanderungssragen in Hannover
verfolgt hat, wird erstaunt und erfreut gewesen sein, von den Riesen-
erfolgen deutscher Reisender in Mexiko, in Südbrasilien, den La Plata-
Ländern, Südafrika, Algier und Marokko zu hören. Der Bericht
der englischen Botschaft in Berlin klagt über die Erfolge der deutschen
Handelsvertreter, der englische Konsul in Odessa beschwert sich, daß
die deutschen Reisenden in Maschinen England das Feld streitig
') 2n Deutschland verfertigt.