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1. Lesebuch nebst fachkundlichen Anhängen für Fortbildungs-, Fach- und Gewerbeschulen - S. 195

1906 - Leipzig : Hahn
195 - fährt der Kleine endlich aus seinem Nachdenken auf, sieht mich groß an und fragt mit gezogenem Tone: „Wollen Sie hier im Hause jemand sprechen?" Verdrießlich, daß ein solches Männchen es wage, mich ohne weitere Umstände anzureden, entgegnete ich in ziemlich hochtrabender Weise: „Ich habe ein Geschäft mit dem Hause Mohrfeld." Der Kurze lächelte einen Augenblick und sagte dann ziemlich ernst: „Ich bin Mohrfeld." Wie? Und von diesem Manne, der seine Fische selbst einkaufte und m einem abgeschabten Oberrocke einherging, sollte mir Hilfe kommen? — Aber es war der einzige Hoffnungsanker, nach dem ich greifen konnte; ich riß also blitzschnell den Hut herunter und sagte mit so einnehmendem Wesen, als es mir möglich war: „Verzeihen Sie I — Ich hatte bis jetzt nicht die Ehre — ich habe," hier zog ich die Brieftasche — „ein Schreiben zu überreichen." Herr Mohrfeld unterbrach mich: „Jetzt nicht; nachher werde ich Sie sprechen im Contor, Sie müsien aber etwas warten. Kommen Sie!" — Er trat in das Haus und ich hinter ihm drein. Auf der Vordiele war ein reges Leben, zwei große Wagschalen hingen von der Decke herab, mehrere Quarüersleute schleppten Kaffeesäcke heran, die sämtlich gewogen wurden, ein Kommis stand mit einer Schreibtafel dabei. Herr Mohrfeld sah eine Weile schweigend zu und wollte weiter gehen, als einer der Leute seinen Sack etwas unsanft zu Boden warf, so daß dieser platzte und die Bohnen wett umher flogen. „Was ist das für eine liederliche Wirtschaft!" fuhr der Herr grimmig auf; dann aber bückte er sich und half emsig die zerstteuten Bohnen auffammeln, wobei er in Zwischenräumen folgendes sprach: „Sammett mir hübsch alles auf, und steckt es wieder in den Sack hinein — dann soll die schadhafte Stelle ausgebessert werden. — Sie, Herr Möller," hierbei sah er den Kommis an — „werden den Sack be- sonders nachwiegen lasten, und wenn etwas an dem Gewicht fehlt, be- rechnen Sie's und schreiben Sie es dem unvorfichttgen Menschen zur Last, es soll ihm am Wochenlohne abgezogen werden." „Das ist doch hart," meinte jener, „so ein paar Bohnen —" „Paar Bohnen?" entgegnete der Kaufmann, „wer das Kleine nichr ehrt, ist des Großen nicht wert; aus achtundvierzig Schillingen besteht ein Taler, und zu einem guten Weinjahre gehören viele warme Tage. Also nicht der Mühe wert? Unachtsamkett ist ein großer Fehler und der Ruin eines ordentlichen Geschäftes. Herr Möller, sobald der Mann noch eine einzige, auch die kleinste Unachtsamkeit begeht, lohnen Sie ihn auf der Stelle ab, ich mache Sie verantwortlich!" „Großer Gott," dachte ich, „um einer Hand voll Kaffeebohnen willen einen Mann außer Brot setzen, wie hart, wie grausam! Wie wttd es mtt ergehen!" Ein junger Mensch, mtt der größten Eleganz gekleidet, kam aus dem Contor, verneigte sich vor Herrn Mohrfeld und wollte zur Tür hinaus, aber auf einen Wink seines Prinzipals stand er füll. „Wie sehen Sie denn aus?" ftagte der Kaufmann unwillig, „ist 13'
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