1900 -
Essen
: Baedeker
- Autor: Heinecke, August
- Hrsg.: ,
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Ii.
Für den menschlichen Haushalt im engeren und weiteren Sinn sind die
Steinkohlen weit wichtiger als der Torf, und man nennt sie deshalb mit gutem
Recht die „schwarzen" Diamanten der Erde. Mögen die Gelehrten über ihre
Entstehung denken, wie sie wollen, jedenfalls haben Pflanzen, die an Ort und
Stelle wuchsen, den Stoff für sie hergeben müssen. Die Pflanzenleichen wurden
durch den starken Druck der über ihnen sich lagernden Gestein- und Erdschichten
gewaltig zusammengepreßt, und infolge der dadurch sich entwickelnden Wärme und
des Abschlusses der Luft ging allmählich ihre Verkohlung vor sich.
Von der Beschaffenheit der Pflanzenwelt zur Zeit der Steinkohlenbildung
kann man sich eine ziemlich genaue Vorstellung machen, da man in dem Schiefer-
thon, welcher die Kohlenschichten stets begleitet, zahlreiche Pflanzenabdrücke ge-
funden hat. Riesige Schachtelhalme und Farne mit 2 bis 3 m langen Wedeln
haben bei der Entstehung der Steinkohlen die Hauptrolle gespielt. Häufig
findet man ihre 20 und mehr Meter langen Stämme in den Kohlenflözen noch
ziemlich erhalten vor. Auch das Vorhandensein Nadelholz- und palmenartiger
Gewächse ist nachgewiesen worden; doch gelang es bisher noch nicht, Lanbhölzer
oder Pflanzcnformen zu entdecken, die in unserm deutschen Walde vorkommen.
Heute bilden ähnliche Pflanzen, wie sie damals den Erdboden bekleideten, nur
einen kleinen Teil unserer Pflanzenwelt.
In derselben Weise wie die Steinkohlen sind auch die Braunkohlen ent-
standen. In den sie umgebenden Steinschichten findet man gleichfalls Abdrücke der
Pflanzen, denen sie ihre Entstehung verdanken. Diese sind jedoch von den
Pflanzen der Steinkohlenzeit gänzlich verschieden, stehen aber den jetzt lebenden
Pflanzen näher; indessen wird keine Pflanze jenes Zeitraums heutzutage lebend
angetroffen. Obgleich zwischen der Ablagerung der Steinkohlen- und der
.Brnnnkohlenslöze Tausende von Jahren verstrichen sein müssen, so muß doch
auch noch in der Brannkohlenzeit das Klima unseres Landes wärmer als jetzt
gewesen sein; denn im böhmischen Braunkohlensandstein findet man Abdrücke von
Palmen- und lorbeerartigen Gewächsen. Nach E. A. Noßmmer.
*188. Kautschuk und Guttapercha.
1. Wohl ist es ein herrliches Vergnügen, auf flüchtigem Zweirad
dahinzueilen, und Fussgänger, Wagen, ja sogar Reiter hinter sich zu
lassen; aber damit ist die Bedeutung des Fahrrades keineswegs er-
schöpft; denn heutzutage ist es bereits zu einem wichtigen Verkehrs-
mittel geworden, welches gar manchem die Ausübung seines Berufs
bedeutend erleichtert. Seine rasche Verbreitung verdankt das Zwei-
rad nicht zum wenigsten dem Kautschuk; denn wer könnte längere
Zeit die Erschütterungen ertragen, die das Rad dem Körper mitteilt,
wenn sich um die Stahlreifen der Räder nicht die mit Luft gefüllten
Kautschukschläuche legten, wodurch der Radfahrer fast nichts von
den Unebenheiten der Strassen spürt, über welche er dahinrollt?
Demnach scheint doch in der Luft die eigentliche Ursache der Ver-
wendbarkeit des Zweirads zu liegen? Nur gemach! Freilich besitzt
sie unter allen Körpern die grösste Elasticität; das würde jedoch beim
Fahrrad ohne Bedeutung sein, wenn wir sie nicht in einen Körper
fassen könnten, der gleichfalls hochelastisch ist, und dazu eignet sich
kein anderer Stoff so, wie Kautschuk oder Gummi. Aber noch mehr!
Der Kautschukschlauch muss einen starken Druck ertragen können,