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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 307

1900 - Essen : Baedeker
307 Noch bis in sein 84. Lebensjahr übte Heim seine ärztliche Kunst ans und empfing nicht allein bei sich im Hanse Kranke, sondern fuhr zu ihnen, ohne sich durch Mühen und Beschwerden abschrecken zu lassen. Ungeachtet seiner überaus starken Praxis behandelte er jährlich 3000 bis 4000 Kranke unentgeltlich, und doch kannte er in seinem Benehmen keinen Unterschied zwischen zahlenden und nicht- zahlenden Personen, ja, er schickte Unbemittelten den ihm gebührenden Betrag meistens zurück. In seinem ganzen Sein und Wesen hatte er etwas Freimütiges, was ihn, dem der Frohsinn zur andern Natur geworden war, auch dann nicht verließ, wenn er sich in den höchsten Kreisen bewegte. Er war der Leibarzt der Königin der Niederlande und des Kurfürsten von Hessen, wenn diese Herrschaften in Berlin anwesend waren. Auch die Prinzessin Ferdinand von Preußen wollte ihn zu ihrem Leibarzt machen. Sie empfing ihn in einem prächtigen Saale aus einem Sofa sitzend und betrachtete durch ein Augenglas den eintretenden Arzt von der Fußsohle bis zum Scheitel. „Tret' Er näher I" sagte sie und fuhr dann fort: „Ich höre von Seiner Geschicklichkeit und von Seiner großen und glücklichen Praxis sehr viel Rühmliches. Ich bin darum entschlossen, Ihn zu meinem Leibarzt zu ernennen, und solches habe ich Ihm kundthun wollen." — „Eurer Königlichen Hoheit danke ich für Ihr Vertrauen; aber die Ehre, Ihr Leibarzt zu sein, kann ich nur unter Bedingungen annehmen." — Dies sagte Heim nach seiner Gewohnheit in einem heiteren, unge- zwungenen Tone. Lachend erwiderte die Prinzessin: „Bedingungen? Die hat mir in meinem ganzen Leben noch niemand gestellt." — „Nicht?" anwortete Heim scherzend, „dann ist es hohe Zeit, daß Sie das kennen lernen." — „Nun," ent- gegnen sie, „ich bin neugierig, welche Bedingungen es sind; laß Er hören!" — „Die erste ist," antwortete Heim heiter, „daß Eure Königliche Hoheit mich nicht „Er" nennen; das ist nicht mehr an der Zeit; der König thut das auch nicht; selbst meine Bedienten nenne ich nicht „Er." Die zweite Bedingung ist, daß Sie mich nicht, wie soeben geschehen, so lange im Vorzimmer warten lassen; ich habe keine Zeit zu verlieren, der längste Tag wird mir stets zu kurz. Die dritte ist, daß Eure Königliche Hoheit mir nicht so nach den Füßen sehen; ich kann nicht in Tanzschuhen, sondern nur in Stiefeln und im bequemen Überrock kommen. Die vierte ist, daß Sie nicht verlangen, daß ich zu Ihnen zuerst kommen soll; ich komme nach Beschaffenheit der Krankheit, nach Lage der Straßen und Häuser. Die fünfte ist, daß Sie mich nicht zu lauge aufhalten und nicht von mir verlangen, ich soll mit Ihnen von der wetterwendischen Politik und von Stadtneuigkeiten schwatzen; dazu habe ich keine Zeit. Endlich die sechste, daß Sie mich, weil Sie eine Königliche Hoheit sind, auch königlich bezahlen." Beide lachten herzlich, und Heim war fortan bei der biederen, gutmütigen Prinzessin gern gesehen und von ihr geachtet und geliebt. Im Jahre 1799 wurde Heim von König Friedrich Wilhelm Iii. zum Geheimrat ernannt. Als solcher wurde er auch an das Sterbebett der unvergeßlichen Königin Luise berufen; doch konnte er der geliebten Landesmutter keine Hilfe mehr bringen. Vierundzwanzig Jahre später hauchte der Greis, 87 Jahre alt, ohne ein Zeichen des Schmerzes sein arbeitsreiches Leben in den Armen seiner Angehörigen aus. Bis au die Pforten des Todes war er ein glücklicher Sterblicher, und mit Recht hat er über seine Ruhestätte die Worte setzen lassen: „Kein Trauerort für die Familie Heim." Ncrck Aug. Wich. Grube u. a. '203. Die einfachen Maschinen. 1. „Ich soll die knarrende Küchenthür schmieren; aber ich bin nicht im- stande, sie auszuhebeni" klagt die Köchin dem Hausknecht. Der kommt als- 20*
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