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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 422

1900 - Essen : Baedeker
422 der hatte 6 Gesellen, die auch nach dem neuen Katechismus zu leben gedachten. Sie erschienen also eines Morgens und sagten ihrem Brotherrn, die Arbeitszeit sei zu lang und der Lohn zu knapp. Der Meister antwortete, das sei nicht mehr als recht und billig, sie möchten nur einen Augenblick warten. Darauf ging er hin, zog seine Arbeitsjacke an und sagte, jetzt wolle er mit ihnen gehen, um Arbeit zu suchen; denn ein solches Gesellenleben gefiele ihm besser, als Meister- spielen. Da machten die Herren Gesellen lange Gesichter, ließen es beim alten und schlichen an die Arbeit. Deshalb, lieber Gott, behüte uns vorab vor all den schlimmen Gesellen, die mit vielem Geschrei den Staat verbessern wollen, oder verleihe uns Mut, sie aufs große Maul zu schlagen! Bestärke uns alle, groß und klein, in dem Sinne für Fleiß, Ordnung und Gesetzlichkeit! Wenn wir dann bitten: „Unser tägliches Brot gieb uns heute!" so dürfen wir gläubig „Amen" sagen, und es wird wohl stehen mit dem Könige und dem Vaterlande." Nach Louis Berger. *256. Ein Grossindustrieller als preussischer Abgeordneter. 1. Bis zum Jahre 1860 war ich mit wissenschaftlichen und technisch- praktischen Arbeiten so vollauf beschäftigt, dass ich der Politik ganz fern blieb. Erst als unter der Regentschaft des Prinzen von Preussen in der preussischen Politik ein frischer Hauch wehte, beteiligte ich mich lebhaft an den Wahlen zum Landtage. Die Aufforderung, mich zum Abgeordneten wählen zu lassen, hatte ich wiederholt abgelehnt, hielt es aber im Jahre 1864 für meine Pflicht, die ohne mein Zuthun auf mich gelenkte Wahl zum Abge- ordneten für den Bezirk Solingen-Remscheid anzunehmen. Damals bildete die von der preussischen Regierung so lebhaft betriebene Neugestaltung des Heeres die grosse Streitfrage, um welche die politischen Parteien sich gruppierten. Der Kern dieser Frage bestand in der nach dem Regierungsplane vorgesehenen Verdoppelung des preussischen Heeres mit entsprechender Vergrößerung der Militärausgaben. In der That war der Wohlstand Preussens schon damals hinter dem der andern deutschen Staaten erheblich zurückgeblieben, da auch nach den Befreiungskriegen die Last der deutschen Wehrkraft hauptsächlich auf Preussens Schultern geruht hatte. Man wusste zwar, dass König Wilhelm schon als Prinz von der Notwendigkeit überzeugt war, den Staat Friedrichs des Grossen an die Spitze Deutschlands zu stellen; aber man zweifelte an der Durchführbarkeit seines Planes. Der Glaube an den geschichtlichen Beruf des preussischen Staates, die Einigung Deutschlands herbeizuführen, der Glaube an Preussens Glücksstern war zu tief gesunken. Auch die eifrigsten Schwärmer für Deutschlands Einheit und Grösse, ja selbst echt preussische Patrioten hielten es deshalb mit ihrer Pflicht nicht für vereinbar, Preussen diese neue, fast unerschwinglich scheinende Militärlast aufzubürden. Die Volksvertretung verwarf zum grossen Teil, allerdings mit schwerem Herzen, den Entwurf der Regierung, und bei wiederholten Auflösungen des Abgeordnetenhauses bestätigte das Volk durch die Neuwahlen diese Entscheidung. 2. Inzwischen war die Heeres-Reorganisation durch den Kriegsminister von Roon ohne jede Rücksicht auf die parlamentarischen Kämpfe schon durchgeführt, als im Sommer 1866 die Meinungsverschiedenheiten über Schleswig- Holstein zum Bruch mit Österreich führten. Mir fiel die ruhige, ernste Haltung auf, mit da- die Menge in Berlin das gewaltige Ereignis hinnahm. Keine missbilligende Bemerkung wurde laut; jedermann empfand das ungeheure
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