1907 -
Essen Berlin
: Bachmann Baedeker
- Hrsg.: ,, Heinecke, August
- Sammlung: Realienbuecher Kaiserreich
- Schulbuchtyp (WdK): Lesebuch
- Schultypen (WdK): Niedere Lehranstalten
- Schultypen Allgemein (WdK): Niedere Lehranstalten
- Bildungsstufen (OPAC): Berufliche Bildungsgänge, alle Lernstufen
- Schulformen (OPAC): Gewerbliche Fortbildungsschule
- Inhalt Raum/Thema: Realienkunde?
- Geschlecht (WdK): koedukativ
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Handwerk ehrt, Handwerk nährt.
reichlich ausgestattete Büchersammlung, die niein Meister und feine Augehörigen
fleißig benutzten. Da habe ich manches schöne Buch gelesen. Ja, der Verein
hatte sogar eine öffentliche Lesehalle eingerichtet, in der Abends Zeitungen,
Zeitschriften und Bücher zu beliebiger Benutzung aussagen. Dort habe ich
häusig den Abend zugebracht und Spiel und Trunk, wodurch sich so mancher
Kamerad Vergnügen und Erholung verschaffte, nicht vermißt."
„Bester Freund," rief jetzt der Steinmetz aus, „deine Schilderung könnte
mich beinahe von meiner Naturschwärmerei ein wenig abbringen. Dazu hat
sie liebe Erinnerungen in mir wachgerufen. Mein Vater war ein ehrsamer
Schuhmachermeister in einem kleinen Städtchen am Main. Meine gute
Mutter nannte ihn scherzweise einen Bücherwurm, weil es sein höchstes Er-
götzen war, wenn er für einige überschüssige Groschen ein Buch erstehen
konnte. Auch ein Liebhaber von Bildern war er. Freilich konnte er höchstens
dann und wann einen wohlfeilen Holzschnitt erschwingen; aber eines Tages
— ich sehe ihn noch, als wenn es gestern gewesen wäre — kam er, eine
Rolle in der Hand, triumphierend von einer Reise nach Nürnberg heim.
Was war's? Er hatte in einer Kunsthandlung für ganze drei Mark einen
Steindruck erstanden, der fast so vornehm aussah, wie ein Kupferstich, —
und was stellte er dar? Hans Sachs im traulichen Gespräch mit seinem
Evcheu, Hans Sachs meines lieben Vaters angebeteter Landsmann und Berufs-
genosse, den er fast wie einen Schutzheiligen verehrte. Ach, wenn sich mein
Vater die herrlichen Werke von Malern und Kupferstechern hätte anschaffen
können, die jetzt Photographen und Lithographen für wenig Geld in die
ärmsten Hütten tragen I Und wie fleißig würde er eine solche Bibliothek be-
nutzt haben!"
„Bruder, ich mache dir einen Vermitteluugsvorschlag," sagte jetzt der
Zimmermann, „laß uns am morgenden Nachmittag nach dem nächsten Dorfe
wandern und bei einem Schöpplein Neckarwein den Klängen der Zither
lauschen, die der Sohn des Kroueuwirtes so trefflich zu schlagen versteht!
Am Abend aber wollen wir den Vortrag hören, den ein Wanderlehrer im
Städtchen über das Genossenschaftswesen halten wird."
„Einverstanden," sagte der Steinmetz, „so kann es uns morgen nicht
fehlen."—Als die beiden Gesellen am Sonntagabend heimkehrten, waren sie
darüber einig, daß sie den Ruhetag nicht besser hätten verbringen können.
Am nächsten Morgen aber gingen sie frisch und fröhlich an ihre Arbeit.
A. Gutsch.
165. ßcmdwerk ehrt, ßcmdwerk nflhrf.
1. In Meister Wernthals Werkstatt pfiffen die Hobel um die Wette.
Die Sonne warf durch das Weiugerank, welches das Werkstattfenster leicht
verschleierte, ihre freundlichsten Strahlen auf die fleißigen Leute da drinnen.
Auch Meister Wernthal schaffte rüstig mit; nur ließ er zuweilen seine Augen mit
Wohlgefallen auf dem jungen Gesellen ruhen, der an seiner Seite so emsig
hantierte, daß es eine Freude war, ihm zuzusehen.
Friedrich Breitkopf war ein schmucker Bursch. Schlank und kräftig
gewachsen, bot er mit seinem jugendfrischen, von dunklem, dichtem Haargelock
umrahmten Gesicht das Bild eines echten deutschen Handwerksgesellen. Er
verstand auch seine Arbeit; das sah man an der Art, wie er das Werkzeug