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1. Lesebuch für gewerbliche Fortbildungsschulen - S. 444

1907 - Essen Berlin : Bachmann Baedeker
444 Ein treuer Diener. welches in einem Lande, wo die Seefahrt blüht, ein ganz anderes ist, als anderswo. Die Seilerei war aber des jungen Rupters Liebhaberei nicht; denn er war kein Freund vom Rückwärtsgehen, und des Seilers bestes Fortschreiten ist bekanntlich der Krebsgang. Ruf der See zu leben, daran hing sein herz. Er bat und flehte,- aber sein Vater wollte ihm seinen Wunsch nicht erfüllen, und die Mutter pflegte des Knaben Bitten und Vor- stellungen mit den Worten zurückzuweisen: „Das Wasser hat keine Balken." Endlich gaben die Eltern dem ungestümen Drängen des Lohnes nach, und so wurde der junge Rupter Matrose auf dem Schiffe eines Kaufmanns, der nach Marokko hin handelte. Dort ging 's noch etwas schlimmer als türkisch zu, und das will viel sagen. Der Kaufmann, der von dem guten Grundsatz ausging, selbst sei der Mann, und seine Bugen seien besser, als seines Verwalters Brille, fuhr immer selber mit, und fand bald, daß der Matrose Kupier ein brauchbarer und — was noch mehr war — ein treuer Mensch sei. Daher vertraute er ihm mancherlei an, wozu man sonst keinen Matrosen oder Schiffsknecht verwendet. Da Rupter mit der Zeit auch ein schönes Stück Geld verdiente, so willigten die Eltern ein, daß er bei dem Seedienst bliebe. Sein Schisfsherr aber gewann ihn alle Tage lieber. Einst, als wieder die Messe in Marokko nahte, fühlte sich der Kauf- mann so krank, daß er nicht selber mit hinüber nach Bfrika fahren konnte. Da lautete sein Entschluß: ,,Niemand, als Rupter, will ich das, was ich „aufs Schiff lade und in Marokko zu Markte bringe, anvertrauen. Die Vollmacht wurde ausgestellt; Ruyter erhielt standesmäßige Klei- dung und Geld; das Schiff segelte ab, landete in Marokko, und Rupter legte aus der Messe seine waren aus, die in lauter feinem wollenen Tuch bestanden. Kommt eines schönen Morgens der Sultan selber mit einer langen Reihe von hofleuten hinter sich und bleibt vor Rupters Stand stehen, be- sieht das Tuch, und ein besonders seines Stück sticht ihm in die Bugen, „was kostet 's?" fragt er. Ruyter ist nicht blöde und nennt den von seinem herrrn bestimmten preis; der Sultan ist auch nicht blöde und bietet die Hälfte. ,,Bei mir gilt das handeln nicht, was ich fordere, ist fester preis; auch ist 's nicht mein Eigentum. Ich bin nur meines Herrn Diener!" sagt da Ruyter. „weißt du nicht, Lhristenhund," ruft da der Sultan, „daß ich Herr über dein Leben bin?" „Das weiß ich wohl," sagt Ruyter, „aber ich weiß auch, daß ich nicht überfordere, und daß ich als Diener meines Herrn die Pflicht habe, für sein Wohl zu sorgen, und nicht an mich zu denken!" Blle Kaufleute, welche dies hörten, erschraken auf den Tod. „Bde, Ruyter!" dachten sie, „wenn du morgen noch eine Pfeife rauchst, so muß dein Kopf ohne Leib rauchen können." Der Sultan sah den hübschen, jungen Mann lange mit zornfunkelnden Bugen an. Blle Welt erwartete den kurzen Bescheid: „Kopf ab!" aber er sagte: „Ich gebe dir bis morgen um diese Zeit Bedenkfrist, hast du dich bis dahin nicht anders besonnen, so mach' dein Testament!" Damit ging er. Ruhig legte Ruyter das Stück Tuch zurück ins Gefach und er- wartete andere Kunden. Da stürmten die Kaufleute herbei und riefen: „Um Gotteswillen, schenk' ihm das Tuch! Schlägt er dir den Kopf ab — und das geschieht so gewiß, wie zweimal zwei vier ist — so ist dein Leben und deines
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